Blick in die späte Phase der Sternentwicklung: Riesenstern hat dreimal mehr Masse abgestoßen als bislang angenommen – die dabei entstandene Gaswolke zeigt überraschende Spiralstruktur

Bonn - Noch ist die Teleskop-Anlage nicht fertig – doch sie übertrifft bereits alle vergleichbaren Observatorien. ALMA, das „Atacama Large Millimeter/Submillimeter Array“, hat überraschende neue Erkenntnisse über den alternden Stern R Sculptoris geliefert. In einem so genannten thermischen Puls hat der Riesenstern dreimal mehr Gas ins All geschleudert als bislang angenommen. Und das ausgestoßene Gas zeigt eine spiralförmige Struktur. Diese Struktur sei ein Hinweis darauf, dass R Sculptoris ein Doppelsystem mit einem weiteren Stern bilde, so ein internationales Forscherteam im Fachblatt „Nature“.

„Gashüllen konnten wir um diese Art Sterne schon früher beobachten“, erklärt Matthias Maercker vom Argelander-Institut für Astronomie in Bonn. „Doch dies ist das erste Mal, dass wir eine Spirale aus Materie sehen, die von dem Stern ausgestoßen wurde.“ R Sculptoris ist ein Roter Riese, ein aufgeblähter Stern, der sich im letzten Stadium seiner Existenz befindet. In dieser Phase kommt es alle 10.000 bis 50.000 Jahre zu thermischen Pulsen, zur explosionsartigen Fusion von Helium zu schwereren Elementen im Sterninneren.

Die ALMA-Beobachtungen zeigen in Kombination mit Computersimulationen, dass der letzte thermische Puls bei R Sculptoris – von der Erde aus gesehen – vor etwa 1800 Jahren stattfand und rund 200 Jahre andauerte. Dabei stieß der Stern etwa das Dreifache an Gas ins All ab wie vorher angenommen: rund drei Tausendstel einer Sonnenmasse mit einer Geschwindigkeit von 14,3 Kilometern pro Sekunde. „ALMA zeigt uns Einzelheiten, mit denen wir besser als je zuvor verstehen können, was vor, während und nach dem Puls passiert ist“, so Maercker. Alte Riesensterne wie R Sculptoris liefern einen großen des Rohmaterials für die nächste Sternengeneration – und damit auch die für Planeten nötigen schweren Elemente.

ALMA ist ein internationales Projekt unter maßgeblicher Beteiligung der Europäischen Südsternwarte ESO und entsteht auf einem 5000 Meter hoch gelegenen Plateau der Atacama-Wüste in Chile. Bei seiner Fertigstellung im kommenden Jahr soll ALMA 66 Radioantennen umfassen, die über ein 16 Kilometer durchmessendes Gebiet verteilt sind. ALMA beobachtet im Bereich kurzwelliger Radiostrahlung mit Wellenlängen von 0,3 bis 9,6 Millimetern. Maercker und seine Kollegen haben ihre Beobachtungen mit 16 Antennen der noch im Bau befindlichen Anlage durchgeführt.

Bildquelle: ALMA (ESO/NAOJ/NRAO)