Astronomen wiegen Gasscheibe um TW Hydrae – und finden ausreichend Materie für viele Planeten

Ann Arbor (USA)/Heidelberg - Die Gas- und Staubscheibe um den jungen Stern TW Hydrae enthält ausreichend Materie für mindestens 52 jupitergroße Planeten. Das zeigen Messungen eines internationalen Forscherteams unter Beteiligung des Max-Planck-Instituts für Astronomie in Heidelberg. Das Ergebnis ist überraschend, denn mit einem Alter von etwa zehn Millionen Jahren sollte TW Hydrae der ersten Phase der Planetenentstehung bereits entwachsen sein. Auch in älteren Gas- und Staubscheiben können also noch Planeten entstehen, schreiben die Wissenschaftler im Fachblatt „Nature“.

„Wir haben nicht erwartet, so viel Gas um diesen Stern herum zu finden“, sagt Edwin Bergin von der University of Michigan, der das Beobachtungsprojekt geleitet hat. TW Hydrae gilt aufgrund seiner vergleichsweise geringen Entfernung von 176 Lichtjahren als eine Art „Rosettastein“ bei der Entschlüsselung der Planetenentstehung. Unglücklicherweise war die Masse der Gas- und Staubscheibe um den jungen Stern bislang nur sehr ungenau bekannt – zwischen einer halben und 63 Jupitermassen sollte sie enthalten.

Bergin und seine Kollegen haben mithilfe des europäischen Infrarot-Weltraumteleskops Herschel nun erstmals ein neues Verfahren eingesetzt, um die Scheibe zu wiegen. Der Hauptbestandteil einer solchen Scheibe ist molekularer Wasserstoff – der aber ist durchsichtig und damit nahezu unsichtbar. Bisherige Verfahren haben sich deshalb auf die Messung von Staub oder anderen Gasanteilen konzentriert. Doch deren Verhältnis zum molekularen Wasserstoff schwankt sehr stark.

Dank der hohen Empfindlichkeit des Spitzer-Teleskops konnten Bergin und sein Team die Strahlung einer speziellen Art von molekularem Wasserstoff nachweisen, von so genanntem Wasserstoff-Deuterid. Diese Moleküle bestehen aus einem normalem und einem schweren Wasserstoffatom. Das schwere Atom - Deuterium genannt – enthält in seinem Atomkern zusätzlich zum Proton ein Neutron. Das Verhältnis von normalem molekularem Wasserstoff zu Wasserstoff-Deuterid ist mit hoher Genauigkeit bekannt, so dass die Forscher so auch die Gesamtmasse der Wolke recht genau bestimmen konnten: Sie beträgt mindestens 52 Jupitermassen.

Auch bei anderen jungen Sternen könnte die Masse der Gas- und Staubscheiben bislang unterschätzt werden, vermuten die Forscher. Messungen mit der neuen Methode könnten daher neue Erkenntnisse über den Prozess der Planetenentstehung liefern. „Je nach Alter der Systeme erhalten wir möglicherweise ganz unterschiedliche Befunde“, sagt Thomas Henning vom Max-Planck-Institut für Astronomie. Planeten können, so der Forscher, in einem Altersbereich des Sterns entstehen, der größer sei, als bislang gedacht. „TW Hydrae liegt scheinbar am oberen Ende dieses Bereichs, hier dauert es länger als im Durchschnitt, bis Planeten entstehen.“

Bildquelle: NASA/JPL-Caltech