Strukturen in der Kruste der Sternenleichen verhindern Verlangsamung der Rotation

Alicante (Spanien) - Neutronen und Protonen können in der Kruste von Neutronensternen nudelähnliche Strukturen bilden. Diese neuartige Form von Kernmaterie hätte einen gravierenden Einfluss auf die Rotation der Sternenleichen, so ein Forscherteam aus Spanien. Die nuklearen Nudeln könnten erklären, warum Röntgenpulsare – eine besonders gut beobachtbare Art von Neutronensternen – nicht langsamer als mit einer Periode von zwölf Sekunden rotieren. Die Strukturen verringern die elektrische Leitfähigkeit und verhindern so eine Abbremsung der Eigendrehung durch das Magnetfeld, schreiben die Forscher im Fachblatt „Nature Physics“.

„Wir kennen keinen physikalischen Grund für dieses Limit – und es gibt auch keine Auswahleffekte, die diese Grenze erklären könnten“, erläutern José Pons von der Universität Alicante und seine Kollegen. Die Physiker haben deshalb Computersimulationen von Neutronensternen mit unterschiedlich konfigurierten Krusten durchgeführt. Die Rotationsperiode von Objekten mit gleichmäßigen Krusten stieg bis auf hundert Sekunden an. Doch bei Neutronensternen mit nuklearen Nudeln stoppte die Abbremsung schon nach 100.000 Jahren bei Umdrehungszeiten von 10 bis 20 Sekunden – und blieb für rund eine Million Jahre konstant.

Neutronensterne sind ausgebrannte Sterne. In ihnen ist die Materie so dicht gepackt wie in Atomkernen. Nach den Vorstellungen der Astrophysiker bilden die Neutronen im Inneren der toten Sterne eine exotische Flüssigkeit. Außen ist die Sternenleiche von einer festen Kruste aus Atomkernen bedeckt. Bei ihrer Entstehung drehen sich Neutronensterne bis zu mehrere hundert Mal pro Sekunde. Da die Neutronensterne über ihr Magnetfeld Strahlung aussenden und damit Energie abgeben, verlangsamt sich diese Rotation. Besonders gut können Astronomen die Eigendrehung und deren Veränderungen bei Röntgenpulsaren messen. Das sind Neutronensterne, die regelmäßig Pulse hochenergetischer Röntgenstrahlung aussenden.

Doch die Astronomen konnten bislang keinen isolierten Röntgenpulsar aufspüren, dessen Rotationsdauer größer als zwölf Sekunden ist. Das von Pons und seinen Kollegen modellierte Szenario liefert nun eine Erklärung für diese bislang rätselhafte Grenze. „Unsere Ergebnisse deuten darauf hin“, so die Forscher, „dass die maximale Periode von Röntgenpulsaren der erste beobachtbare Beweis für die Existenz eines neuen Materiezustands ist.“ Mit genauen Röntgenbeobachtungen in Tandem mit verbesserten Computersimulationen könne man die physikalischen Eigenschaften dieser nuklearen „Nudelphase“ untersuchen.

Bildquelle: ESA