Kollision war heftiger als bislang angenommen

Cambridge (USA) - Der Zusammenstoß der Ur-Erde mit dem marsgroßen Protoplaneten Theia vor 4,5 Milliarden Jahren war sehr viel heftiger als bislang vermutet: Ein großer Teil der Ur-Erde, insbesondere der Mantel, verdampfte durch die Kollision. Darauf deuten Unterschiede in der Häufigkeit der Kalium-Isotope 39 und 41 in irdischem und in Mondgestein, die ein Forscher-Duo aus den USA jetzt erstmals nachgewiesen hat. Ur-Erde und Theia seien demnach nicht unter einem flachen Winkel, sondern mit hoher Energie nahezu frontal aufeinander geprallt, so die Wissenschaftler im Fachblatt „Nature“.

„Unsere Ergebnisse liefern erstmals harte Beweise dafür, dass der Einschlag einen großen Teil der Ur-Erde verdampft hat“, sagt Kun Wang von der Harvard University im US-amerikanischen Cambridge. Bereits seit Mitte der 1970er Jahre geht die Mehrheit der Forscher davon aus, dass der Mond aus den Trümmern eines Zusammenstoßes der Ur-Erde mit einem marsgroßen Himmelskörper entstanden ist. Um die Größe des Mondes, seine Bahn und die Rotation von Erde und Mond zu erklären, favorisierten die Wissenschaftler dabei einen eher sanften Zusammenprall, bei dem der Erdtrabant hauptsächlich aus Trümmern des Protoplaneten Theia bestehen würde.

Doch Analysen der von den Apollo-Missionen zur Erde gebrachten Gesteinsproben zeigten, dass irdisches und lunares Gestein identische Isotopen-Verhältnisse aufweist. Das stürzte die Einschlag-Hypothese in eine Krise, denn die Himmelskörper im Sonnensystem weisen große Unterschiede in ihren Isotopen-Verhältnissen auf – und daher sollten sich auch Ur-Erde und Theia in ihrer Zusammensetzung unterschieden haben. Zwei unterschiedliche Szenarien könnten dieses Dilemma lösen. Im ersten Szenario bildet sich um die rotierende Scheibe aus Theia-Trümmern eine Atmosphäre aus verdampftem irdischem Gestein. So könnten sich irdisches Gestein und Theia-Trümmer bei der Mondentstehung vermischen.

Das zweite Szenario löst sich von der sanften Kollision und lässt Theia mit so hoher Energie aufprallen, dass der Mantel der Ur-Erde komplett verdampft. Eine große Wolke aus heißem, dichten Gesteinsdampf bildet sich, in der sich die Materie von Theia und der Ur-Erde vor der Mondentstehung komplett vermischen. Die hochpräzisen Messungen von Wang und seinem Kollegen Stein Jacobsen an sieben lunaren Gesteinsproben von unterschiedlichen Missionen favorisieren nun eindeutig dieses zweite Szenario. Denn die beiden Forscher finden einen Überschuss von 400 ppm des schwereren Isotops Kalium-41 im Mondgestein, der sich nur durch eine Kondensation des Kaliums in einer Umgebung erklären lässt, in der ein Druck von über zehn Bar geherrscht hat. Und einen solchen Druck gäbe es in der dichten Gesteinsdampf-Wolke nach einem energiereichen Zusammenstoß, aber nicht in der dünnen Gesteinsatmosphäre nach einer sanften Kollision.

Bildquelle: Nasa/JPL