Astronomen lokalisieren Millisekunden-Ausbruch erstmals mit hoher Genauigkeit
Ithaca (USA) - Schnelle Radioblitze sind ein astronomisches Mysterium: Sie leuchten für nur wenige Millisekunden am Himmel auf, setzen dabei aber die Energie von hunderten Millionen Sonnen frei. Einem internationale Forscherteam ist es jetzt erstmals gelungen, ein solches Ereignis am Himmel mit hoher Genauigkeit zu lokalisieren: Demnach fand der Strahlungsausbruch im aktiven Kern einer leuchtschwachen Galaxie statt. Dies sei ein erster Schritt, um der Ursache der Radioblitze auf die Spur zu kommen, so die Wissenschaftler im Fachblatt „Nature“.
„Alle bisherigen schnellen Radioblitze wurden von Radioteleskopen mit einer einzigen großen Antenne aufgespürt“, schreiben Shami Chatterjee von der Cornell University in den USA und seine Kollegen. „Deshalb sind ihre Positionen nur mit einer Genauigkeit von einer Bogenminute bekannt.“ Und eine solche Genauigkeit reiche nicht aus, um die Herkunft der Strahlungsausbrüche eindeutig zu klären. Insgesamt 17 der schnellen Radioblitze haben Astronomen seit ihrer Entdeckung 2006 aufgespürt. Die Radioblitze zeigen eine Dispersion genannte Eigenschaft: Strahlung mit hoher Frequenz trifft etwas eher im Empfänger ein als Strahlung mit niedriger Frequenz. Diese Dispersion ist ein wichtiges Indiz dafür, dass die Strahlung nicht nur aus dem Weltall, sondern sogar von außerhalb der Milchstraße, aus fernen Galaxien stammen muss.
Chatterjee und seine Kollegen haben einen der Ausbrüche – FRB 121102 – ins Visier genommen: Im Gegensatz zu den anderen Radioblitzen leuchtet er in unregelmäßigen Abständen immer wieder auf und kann deshalb gezielt mit anderen Instrumenten beobachtet werden. Über einen Zeitraum von sechs Monaten hinweg überwachten die Forscher mit dem Very Large Array VLA in den USA für insgesamt 83 Stunden die vom großen Arecibo-Teleskop in Puerto Rico gelieferte Himmelsregion von FRB 121102. Gleich neun weitere Ausbrüche gingen ihnen ins Netz und erlaubten eine auf etwa 0,1 Bogensekunden genaue Bestimmung der Position.
Die VLA-Beobachtungen zeigen zudem eine schwache, dauerhafte Radioquelle am Ort der Strahlungsausbrüche, deren Charakteristik mit einem aktiven Galaxienkern übereinstimmt – also einem supermassereichen Schwarzen Loch, in das Materie einfällt. Optische Beobachtungen bestätigen, dass sich diese Radioquelle im Zentrum einer leuchtschwachen Galaxie befindet. Die naheliegende Schlussfolgerung ist, dass es sich bei schnellen Radioausbrüchen um ein bislang unbekanntes Phänomen aktiver Galaxienkerne handelt. Denkbar sei beispielsweise eine Wechselwirkung zwischen einem schnell umlaufenden Neutronenstern und dem zentralen Schwarzen Loch, so Chatterjee und seine Kollegen. Mit weiteren hochauflösenden Beobachtungen hoffen die Forscher, die physikalische Ursache des Phänomens zu enträtseln. Wobei, wie Chatterjee und seine Kollegen eingestehen, die Frage offen bleibt, ob diese wiederholt ausbrechende Quelle überhaupt typisch ist für die schnellen Radioblitze. Vielleicht handelt es sich hier auch um unterschiedliche kosmische Phänomene.
Bildquelle: S. Chatterjee et al. / NPG