Gravitationslinsen zeigen weniger jupitergroße, aber mehr erdgroße „Streuner“

Warschau (Polen) - In unserer Milchstraße gibt es zehn Mal weniger jupitergroße Planeten, die als Einzelgänger ohne Zentralstern umherstreifen, als bislang angenommen. Das zeigt die systematische Auswertung von über 2600 Mikro-Gravitationslinsen-Ereignissen durch polnische Astronomen. Bei diesen Ereignissen zieht ein Planet von der Erde aus gesehen vor einem Stern vorüber und verstärkt mit seiner Gravitation linsenartig dessen Strahlung. Damit sei die Anzahl solcher „streunenden Planeten“ in besserer Übereinstimmung mit den Vorhersagen der Theorien über die Planetenentstehung, so die Wissenschaftler im Fachblatt „Nature“.

„Diese Theorien sagen voraus, dass einige Planeten durch dynamische Prozesse aus ihrem Ursprungssystem herausgeworfen werden“, erläutern Przemek Mróz von der Universität Warschau und seine Kollegen. „Solche ungebundenen Planeten können außerdem auch ähnlich wie Sterne durch den gravitativen Kollaps von Gaswolken entstehen.“ Tatsächlich konnten Astronomen inzwischen eine Handvoll solcher Planeten-Streuner direkt beobachten, jedoch nur die größten unter ihnen: Planeten mit Massen unterhalb von fünf Jupitermassen leuchten zu schwach für einen direkten Nachweis.

Doch die Natur hilft den Astronomen mit dem Gravitationslinseneffekt. Wandert ein – selbst unsichtbarer – Himmelskörper vor einem Stern vorüber, so verstärkt er mit seiner Schwerkraft wie eine Linse kurzzeitig dessen Helligkeit. Die Dauer eines solchen Mikro-Gravitationslinsen-Ereignisses hängt dabei von der Masse des Planeten ab und liegt im Bereich von Tagen. Eine Auswertung von 474 solchen Ereignissen hatte vor einigen Jahren eine überraschend hohe Zahl von jupitergroßen Streunern geliefert: Auf jeden normalen Stern sollten demnach in der Milchstraße zwei ungebundene jupitergroße Planeten kommen. Das jedoch stand im Widerspruch zur Theorie der Planetenentstehung, die eine deutlich geringere Zahl erwarten ließ.

Mróz und seinen Kollegen gelang es nun, das Bild wieder zurechtzurücken. Inzwischen haben die Forscher eine erheblich größere Zahl von Mikro-Gravitationslinsen beobachtet, so dass die Statistik entsprechend robuster ist. Das Ergebnis der Auswertung all dieser Daten: Es gibt maximal einen jupitergroßen ungebundenen Planeten für vier normale Sterne in der Milchstraße. Damit ist die Zahl der streunenden Planeten in guter Übereinstimmung mit den theoretischen Vorhersagen. Überraschend stießen Mróz und seine Kollegen bei ihrer Auswertung zudem auf eine Reihe extrem kurzer Mikro-Gravitationslinsen-Ereignisse. Diese deuten auf die Existenz einer zusätzlichen Population ungebundenen Planeten mit der ein- oder mehrfachen Masse der Erde. Auch die Existenz solcher Himmelskörper wird von den Theorien der Planetenentstehung vorhergesagt.

Bildquelle: J. Skowron / Warsaw University Observatory