Einzigartiges Instrument liefert Basisdaten für Geologie und Astrophysik

Forschern der Ludwig-Maximilians-Universität und der Technischen Universität München ist es erstmals gelungen, die Rotationsbewegung der Erde hochpräzise und in Echtzeit mit einer Ringlaser-Anlage zu vermessen. Bei einem solchen Ringlaser bewegen sich jeweils zwei Laserstrahlen gegenläufig quasi im Kreis – genauer: entlang den Seiten eines gleichseitigen Dreiecks – und ermöglichen so Messungen von Drehbewegungen. Die in der Nähe von Fürstenfeldbruck gebaute Anlage ROMY besteht aus insgesamt vier tetraederförmig angeordneten Ringlasern mit jeweils zwölf Metern Armlänge. Damit lassen sich die Bewegungen der Erde in allen drei Dimensionen erfassen, berichten die Wissenschaftler im Fachblatt „Physical Review Letters“.

ROMY steht für „Rotational Motions in Seismology“, also: Rotationsbewegungen in der Seismologie. „Es ist das weltweit genaueste Instrument, um Bodenrotationen zu messen“, erklärt Heiner Igel von der Uni München. Die Erfassung solcher Bewegungen ist nicht nur für die Geophysik, sondern beispielsweise auch für das globale Positionssystem GPS und das Entkoppeln hochpräziser Messeinrichtungen wie Gravitationswellendetektoren von seismischen Bewegungen von Bedeutung.

Die exakte Rotation der Erde – und damit die lokale Drehbewegung am Erdboden – hängt von zahlreichen Einflüssen ab: von Strömungen unterschiedlicher Dichte in den Meeren, von Bewegungen der Eismassen an den Polen, sowie von Änderungen in der Atmosphäre. Der gegenwärtige Gold-Standard für die genaue Vermessung der Erdrotation ist die Very Long Baseline Interferometry VLBI, also die Zusammenschaltung von vielen, über den gesamten Erdball verteilten Radioteleskopen. Minimale Änderungen der Ankunftszeiten von Radiosignalen ferner kosmischer Quellen liefern den Forschern hier Informationen über Variationen der Erddrehung.

Die VLBI-Messungen liefern zwar sehr genaue Ergebnisse, haben aber einen großen Nachteil: Ihre Auswertung ist kompliziert und dauert oft tagelang. Bei einem Ringlaser dagegen liegen die Ergebnisse sofort vor – die Rotation der Erde lässt sich also in Echtzeit beobachten. Igel und seine Kollegen präsentieren jetzt erste Ergebnisse von Messungen mit ROMY. Zwar erreiche die Anlage nicht die Genauigkeit von VLBI-Messungen, aber es sei ein „Proof of Concept“, ein Beweis dafür, dass das Verfahren funktioniere. „Die Messungen haben wissenschaftliches Potenzial sowohl für die Erdbebenphysik wie auch für die seismische Tomographie“, sagt Igel. „Für die Seismologie konnten wir bereits sehr wertvolle Daten von Erdbeben und ozeanerzeugten seismischen Wellen beobachten.“

Und langfristig lasse sich mit diesem Verfahren durchaus auch die Genauigkeit von VLBI-Messungen erreichen, betont Karl Ulrich Schreiber von der TU München: „Das ist keine Phantasie, denn mit einem anderen Gerät – das allerdings nur in eine Raumrichtung beobachten kann – sind wir schon fast da.“ Weiter entwickelte Ringlaser könnten, so Schreiber weiter, in Echtzeit „hoch aufgelöste Messungen liefern, während Satelliten und VLBI die langfristige Stabilität sichern.“ Die jetzt präsentierten Resultate seien ein wichtiger Meilenstein, weil es erstmals gelungen ist, mit einer großen, rein optischen Interferometer-Anlage derartige Messungen durchzuführen.

Bildquelle: J. Igel / LMU