Radioastronomen entdecken Sternentstehungsgebiete in Zehntausenden von Galaxien

Es ist das bislang detailreichste Bild des Kosmos im Bereich langwelliger Radiostrahlung: Ein internationales Team von Astronomen präsentiert in einer Sonderausgabe des Fachblatts „Astronomy & Astrophysics“ die Ergebnisse des Projekts „LOFAR Two Meter Sky Survey Deep Fields“ – der über viele Monate aufsummierten Beobachtungen einer Himmelsregion mit der 300-fachen Größe des Vollmonds mithilfe eines gigantischen, über ganz Europa verteilten Antennennetzes. Die Wissenschaftler stießen in den Daten auf Zehntausende von Galaxien im jungen Kosmos, in denen neue Sterne entstehen.

„Die Strahlung dieser Galaxien hat viele Milliarden Jahre gebraucht, um die Erde zu erreichen“, erklärt der Leiter des Forschungsprojekts, Philip Best von der University of Edinburgh. „Wir sehen diese Galaxien daher so, wie sie vor vielen Milliarden Jahren ausgesehen haben – zu einer Epoche, in der der größte Teil ihrer Sterne entstanden ist.“ Damit liefern die LOFAR-Beobachtungen den bislang besten Einblick in die Sternentstehung im frühen Kosmos. Die Bildung neuer Sterne findet in dichten Wolken aus Gas und Staub statt und bleibt daher oft vor den Blicken der Astronomen verborgen. Radiowellen können jedoch den Staub durchdringen und daher ein vollständigeres Bild der kosmischen Sternentstehung liefern als Beobachtungen im sichtbaren Licht.

LOFAR, das Low Frequency Array, besteht aus über 70.000 kleinen, über die Niederlande, Deutschland, Schweden, Großbritannien und Frankreich verteilten Dipol-Antennen. Die Antennen sind über ein schnelles Glasfasernetz miteinander, sowie mit einer Zentrale in den Niederlanden verbunden und ergeben im Verbund ein gigantisches Radioteleskop mit einem Durchmesser von über 1300 Kilometern. Im Gegensatz zu gewöhnlichen Radioteleskopen empfängt LOFAR besonders langwellige Strahlung im Meterwellen-Bereich. Die Anlage ist in diesem Bereich der Radiostrahlung weltweit in Bezug auf Empfindlichkeit, Auflösung und die Größe der beobachtbaren Himmelsregion einzigartig. Im Rahmen des Projekts „LOFAR Two Meter Sky Survey Deep Fields“ haben die Radioastronomen insgesamt vier Millionen Megabyte an Daten empfangen, gespeichert und mit komplexen mathematischen Methoden analysiert – das entspricht etwa einer Million DVDs.

Neben den zahllosen Sternentstehungsregionen stießen die Wissenschaftler in den LOFAR-Daten auf viele weitere astrophysikalisch bedeutende Phänomene: Materiestrahlen („Jets“) von supermassereichen Schwarzen Löchern in den Zentren von Galaxien, kollidierende Galaxienhaufen und Sterne in der Milchstraße, die ungewöhnliche Radiowellen aussenden. Ein Beispiel dafür ist der rote Zwergstern CR Draconis: Bei ihm registrierte LOFAR wiederholte Radio-Ausbrüche – möglicherweise ein Hinweis auf eine magnetische Wechselwirkung des Sterns mit einem bislang unbekannten Planeten.

Bildquelle: LOFAR/ASTRON