Forscher äußern Zweifel an Interpretation der Sedimente im Gale-Krater

Der 154 Kilometer großen Krater Gale in der Nähe des Mars-Äquators war in der Frühzeit des Mars – vor etwa 3,6 Milliarden Jahren – ein großer See mit möglicherweise lebensfreundlichen Bedingungen. So die Mehrheitsmeinung der Marsforscher auf Basis von Untersuchungen insbesondere des US-amerikanischen Rovers Curiosity. Doch ein Forscher-Trio der Universität Hongkong äußert jetzt Zweifel an dieser Interpretation der Messdaten: Der vermeintliche See sei eher ein flacher Tümpel gewesen, so die Wissenschaftler im Fachblatt „Science Advances“.

„Die meisten Ablagerungen im Gale-Krater sind anscheinend nicht durch einen früheren See entstanden“, konstatieren Jiacheng Liu, Joseph Michalski und Mei-Fu Zhou. Stattdessen handele es sich bei den von Curiosity untersuchten Sedimenten vor allem um Ablagerungen durch Wind. Die bislang dem Einfluss von Wasser zugeschriebenen chemischen Veränderungen des Gesteins ließen sich auch durch säurehaltige Niederschläge in der Atmosphäre des jungen Mars erklären, so die Forscher weiter.

Curiosity ist seit seiner Landung im August 2012 im Gale-Krater unterwegs und hat seither über 25 Kilometer zurückgelegt. Der Zentralberg des Kraters ist von Sedimentablagerungen umgeben, die sich über einen Zeitraum von fast vier Milliarden Jahren angesammelt haben – und so den Forschern einen Einblick in die geologische und klimatische Geschichte des Roten Planeten geben. Mit zahlreichen Instrumenten untersucht der Rover die Ablagerungen, darunter insbesondere Tonschichten, die von den Wissenschaftlern allgemein als Beleg für die frühere Existenz eines großen Sees angesehen werden.

Liu und ihre Kollegen interpretieren die Curiosity-Daten jedoch anders. „Das ist zwar eine Minderheiten-Meinung, aber keineswegs abwegig“, sagt Ernst Hauber vom DLR-Institut für Planetenforschung in Berlin. Joseph Michalski warne seit langem davor, Mineralien auf dem Mars allzu schnell dem Einfluss von Wasser zuzuordnen. „Dass es im Gale-Krater einen See gab, ist jedoch unumstritten“, so Hauber, „die Frage ist nur, wie groß und wie tief dieser See war.“

„Immerhin wissen wir, welche Minerale gebildet wurden“, ergänzt Walter Goetz vom Max-Planck-Institut für Sonnensystemforschung in Göttingen. „Das sind die harten Fakten. Erst danach kommt die Interpretation der Minerale – und natürlich ist diese offen.“ Es werde Jahrzehnte dauern, bis die Forscher die geochemische Entwicklung der Mars-Oberfläche vollständig verstünden. Welchen Anteil dabei atmosphärische Verwitterung oder der Einfluss von Wasser hat, könne erst die Zukunft zeigen.

Dass der Mars nicht immer der trockene Wüstenplanet war, als der er sich heute präsentiert, zeigen Strömungsspuren um Krater, Flussdurchbrüche durch Gebirgszüge, Mündungsdeltas, und Küstenlinien von ausgedehnten Seen. Offen bleibt die Frage, wie lange die Epochen mit feuchterem Klima jeweils andauerten und wie viel Wasser es an der Oberfläche gab – und damit auch, ob diese Phasen für die Entstehung einfacher Lebensformen ausgereicht haben.

Bildquelle: NASA/JPL-Caltech/ESA/DLR/FU Berlin/MSSS