Der Planeten Kepler-1658b stürzt in 2,5 Millionen Jahren in seinen Stern

2600 Lichtjahre von der Erde entfernt bahnt sich eine kosmische Katastrophe an: Der „heiße Jupiter“ Kepler-1658b nähert sich auf einer Spiralbahn seinem Stern und stürzt in etwa 2,5 Millionen Jahren in diesen hinein. Das zeigen Beobachtungen eines Forscherteams aus den USA und Großbritannien. Es ist das erste Mal, dass eine solche Todesspirale bei einem Planeten eines alten, weit entwickelten Sterns nachgewiesen werden konnte. Damit liefere es einen Einblick auch in die Zukunft unseres Sonnensystems, so die Wissenschaftler im Fachblatt „Astrophysical Journal Letters“.

„Wir haben schon früher Hinweise darauf gefunden, dass Planeten sich auf Spiralbahnen ihren Sternen nähern“, erläutert Shreyas Vissapragada vom Harvard Smithsonian Center for Astrophysics in den USA. „Aber wir haben dieses Phänomen noch niemals bei einem Planeten eines weit entwickelten Sterns nachweisen können.“ Solche Sterne haben bereits den größten Teil ihres nuklearen Energievorrats aufgebraucht und beginnen, sich zu einem roten Riesenstern aufzublähen. Unsere Sonne erreicht dieses Stadium in etwa fünf Milliarden Jahren.

Solche Sterne sollten jedoch, so die Theorie, besonders effektiv darin sein, Planeten auf engen Umlaufbahnen immer näher an sich heranzuziehen – bis sie schließlich in den Stern hineinfallen. Das sollte auf Kepler-1658b zutreffen, ein jupitergroßer Gasplanet auf einer extrem engen Umlaufbahn um seinen Stern: Seine Umlaufzeit beträgt lediglich 3,8 Tage, seine Entfernung vom Stern nur ein Achtel des Abstands Merkur-Sonne. Um eine etwaige Änderung dieser Umlaufbahn nachzuweisen, haben Vassapragada und seine Kollegen Beobachtungen der Weltraumteleskope Kepler und TESS, sowie des Hale-Teleskops der Sternwarte Palomar aus den Jahren 2009 bis 2022 ausgewertet.

Von der Erde aus gesehen zieht Kepler-1658b regelmäßig vor seinem Stern vorüber und schwächt dabei dessen Helligkeit geringfügig ab. Die Messung dieser „Transits“ liefert den Astronomen unmittelbar die Umlaufzeit des Planeten. Und eine Beobachtung über einen längeren Zeitraum hinweg sollt dann zeigen, ob sich die Umlaufperiode verändert. Das hört sich allerdings leichter an, als es ist. Denn solche Änderungen laufen sehr langsam ab.

Mithilfe eines aufwändigen Analyseverfahrens gelang es dem Team jedoch, eine Abnahme der Umlaufzeit um 131 Millisekunden pro Jahr festzustellen. Eine Abnahme der Umlaufzeit bedeutet: Der Planet bewegt sich immer schneller und nähert sich dabei auf einer Spirale dem Stern. Etwa 2,5 Millionen Jahre dauert es, so berechneten Vissapragada und seine Kollegen, bis Kepler-1658b endgültig in den Stern stürzt.

Ursache für die sich anbahnende kosmische Katastrophe sind die Gezeitenkräfte, die Stern und Planet bei einem so geringen Abstand aufeinander ausüben. Etwas Ähnliches passiert im System Erde-Mond: Die vom Mond auf der Erde erzeugten Gezeiten bremsen die Erdrotation – und aufgrund des physikalischen Gesetzes der Erhaltung des Drehimpulses muss sich deshalb der Mond immer weiter von der Erde entfernen. Ist eine Umlaufbahn – wie bei Kepler-1658b – sehr eng, so kehrt sich dieser Effekt um und führt so zu einer nach innen laufenden Spiralbahn.

Allerdings ist die Gezeiten-Wechselwirkung im Detail komplex und hängt beispielsweise auch vom inneren Aufbau der Himmelskörper ab. Weit entwickelte Sterne, so lassen theoretische Modelle vermuten, können Planeten besonders effektiv auf eine Todesspirale beschleunigen. „Wir haben jetzt erstmals ein Beispiel für einen Planeten auf einer Spiralbahn um einen entwickelten Stern und können damit unsere Modelle für die Gezeitenphysik verbessern“, betont Vissapragada. „Kepler-1658 ist für uns also eine Art kosmisches Labor – und mit ein wenig Glück finden wir noch viele weiterer solcher Systeme.“

Bildquelle: Gabriel Perez Diaz / Instituto de Astrofísica de Canarias