Rückstoß ausgeworfener Materie trug entscheidend zur Bahnänderung von Dimorphos bei

Die Menschheit kann sich gegen gefährliche Asteroiden wehren. Das ist das wichtigste Ergebnis der Nasa-Mission DART: Am 26. September vergangenen Jahres schlug die 570 Kilogramm schwere Sonde auf dem Asteroiden-Mond Dimorphos ein – und änderte wie erhofft dessen Umlaufbahn. Und zwar wesentlich stärker als erwartet, wie die amerikanische Raumfahrtbehörde schon wenige Tage später bekannt gab. Jetzt veröffentlichen die beteiligten Forschungsteams im Fachblatt „Nature“ detaillierte Beobachtungen und Analysen des DART-Aufpralls – und liefern eine Erklärung für die überraschend große Änderung der Umlaufbahn von Dimorphos.

DART – die Abkürzung steht für „Double Asteroid Redirection Test“ – hatte sich am 24. November 2021 auf den Weg zu dem 780 Meter großen Asteroiden Didymos gemacht. Der kleine Himmelskörper kreist in der Nähe der Erdbahn um die Sonne und ist deshalb für Raumsonden leicht erreichbar. Wichtiger noch ist aber, dass Didymos mit Dimorphos einen 160 Meter großen Mond besitzt. Und die Umlaufbahn von Dimorphos um Didymos ließ sich sowohl vor als auch nach dem Einschlag von DART exakt vermessen. Bei einem einzelnen Asteroiden wäre es nicht möglich gewesen, den Effekt des Zusammenpralls mit so großer Genauigkeit zu bestimmen. Am 26. September 2022 war es dann soweit: DART schlug wie geplant mit einer Geschwindigkeit von knapp 24.000 Kilometern pro Stunde auf dem Asteroiden-Mond ein.

„Der Einschlag von DART war überraschend effektiv darin, die Bahn von Dimorphos abzulenken“, schreiben Andrew Cheng von der Johns Hopkins University in den USA und seine Kollegen. Die Geschwindigkeit des kleinen Mondes hat sich durch den Einschlag um etwa zehn Meter pro Stunde verringert. Das klingt nach wenig, führte jedoch zu einer deutlichen Änderung der Umlaufbahn und führte den Mond näher an Didymos heran. Dadurch verkürzte sich seine knapp zwölfstündige Umlaufzeit um 33 Minuten. Erwartet hatten die Forscher selbst unter optimistischen Bedingungen eine Änderung von maximal zehn Minuten.

Die Wissenschaftler beobachteten mit zahlreichen Teleskopen auf der Erde und im Weltall nicht nur sehr genau die Bahn von Dimorphos, sondern auch den von der Kollision ausgelösten Ausstoß einer Trümmerwolke, die sich rasch im Weltall ausbreitete. Neben dem Weltraumteleskop Hubble beteiligten sich auch viele Hobby-Astronomen auf der ganzen Welt an diesen Messungen. Insgesamt, so schätzen Ariel Graykowski vom SETI Institute in den USA und ihre Kollegen auf Basis dieser Daten, habe Dimorphos mindestens 0,3 bis 0,5 Prozent seiner Masse ins Weltall ausgestoßen – das sind etwa 12.000 Tonnen Gestein.

Zusätzlich zu diesen Beobachtungen lieferten Terik Daly von der Johns Hopkins University und sein Team anhand der von DART zur Erde gefunkten Bilder eine genaue Rekonstruktion des Aufpralls. Der Einschlag erfolgte demnach genau zwischen zwei großen Gesteinsbrocken auf der Oberfläche, von denen die Sonde einen unmittelbar vor dem Aufprall streifte. Zusammengenommen zeigen die jetzt veröffentlichten Daten und Analysen, dass es der Rückstoß der durch den Aufprall ins Weltall herausgeschleuderten Materie ist, der die erstaunlich große Bahnänderung bewirkt hat.

„Dieser Auswurf trägt erheblich stärker zur Bahnänderung bei als der eigentliche Aufprall“, fassen Cheng und seine Kollegen zusammen. Und dieses Wissen ist von erheblicher Bedeutung, sollte sich tatsächlich einmal ein Asteroid auf Kollisionskurs mit der Erde befinden. Allerdings hängt die Wirkung eines gezielten Aufpralls auch davon ab, woraus ein Himmelskörper besteht und wie er aufgebaut ist. Deshalb plant die europäische Raumfahrtagentur Esa in Zusammenarbeit mit der Nasa die Entsendung einer weiteren Raumsonde in das Didymos-Dimorphos-System. Die „Hera“ genannte Mission soll im Oktober 2024 starten und den Asteroiden-Mond und insbesondere auch den Einschlagkrater von DART mit zahlreichen Instrumenten, sowie zwei kleinen Nanosatelliten genau unter die Lupe nehmen.

Bildquelle: NASA/Johns Hopkins APL/Steve Gribben