Forscher entlarven Verursacher des Artensterbens vor 66 Millionen Jahren

Vor 66 Millionen Jahren schlug ein über zehn Kilometer großer Himmelskörper auf der heutigen Halbinsel Yukatan in Mittelamerika ein. Über 60 Prozent aller Lebensformen auf der Erde starben infolge dieser Katastrophe aus, darunter auch nahezu alle Dinosaurier-Arten. Doch bislang war unklar, um was für einen Himmelskörper es sich gehandelt hat: War es ein Asteroid oder ein Komet, und aus welcher Region des Sonnensystems stammte er? Einem internationalen Forschungsteam gelang es jetzt, diese Fragen zu beantworten. Wie die Wissenschaftler im Fachblatt „Science“ berichten, handelte es sich um einen kohlenstoffhaltigen Asteroiden aus dem äußeren Sonnensystem.

„Erdgeschichtlich kam es mehrfach zu einem massenhaften Artensterben“, erläutern Mario Fischer-Gödde von der Universität Köln und seine Kollegen. „Das jüngste derartige Ereignis fand vor 66 Millionen Jahren statt und markiert die Grenze zwischen der Kreidezeit und dem Paläogen.“ In Sedimentablagerungen aus dieser Epoche stießen Ende der 1970er Jahre der amerikanische Physiker Luis Walter Alvarez und sein Sohn Walter auf eine überraschende Häufung des in der Erdkruste sehr seltenen Schwermetalls Iridium.

Die These der beiden Forscher, dieses Iridium stamme vom Einschlag eines Himmelskörpers und habe das damalige Artensterben ausgelöst, stieß zunächst auf erhebliche Skepsis. Heute ist dieses Szenario allgemein als Ursache des Dino-Sterbens akzeptiert, zumal sich in der Grenzschicht viele weitere Elemente fanden, die auf der Erde ansonsten selten sind, darunter etwa Platin, Palladium und Ruthenium. Eben dieses Metall, Ruthenium, haben Fischer-Gödde jetzt noch einmal genauer unter die Lupe genommen.

Ruthenium kommt, wie die meisten Elemente, in verschiedenen Formen vor, die von den Wissenschaftler als „Isotope“ bezeichnet werden. Alle Isotope besitzen zwar dieselben chemischen Eigenschaften, sind aber unterschiedlich schwer, da sie in ihren Atomkernen eine unterschiedliche Anzahl von Neutronen erhalten. Die Häufigkeit der verschiedenen Isotope von Ruthenium konnten Fischer-Gödde und seine Kollegen nun nutzen, um Rückschlüsse auf Art und Herkunft des Himmelskörpers zu ziehen.

Um den Befund richtig einordnen zu können, hat das Team nicht nur die Ruthenium-Ablagerungen in der Kreide-Paläogen-Grenzschicht untersucht. „Wir haben auch die Ruthenium-Isotope von fünf weiteren bekannten Einschlägen aus dem Zeitraum von vor 36 bis 470 Millionen Jahren einbezogen, sowie aus 3,2 bis 3,5 Milliarden Jahren alten Schichten“, so die Forscher.

Wie sich zeigte, stimmen die Ruthenium-Isotope der Kreide-Paläogen-Grenze sehr gut mit jenen in einer besonderen Art von Meteoriten überein, den „kohligen Chondriten“. Diese enthalten besonders viel Kohlenstoff und stammen von Asteroiden, die im äußeren Sonnensystem entstanden sind, also in der Region jenseits der Bahn des Riesenplaneten Jupiter. Ein Asteroid aus dem inneren Sonnensystem oder gar ein Komet kommt als Verursacher des Dino-Sterbens nicht infrage, betonen die Forscher.

Auch das Ruthenium in den erdgeschichtlich ältesten Schichten stammt offenbar von solchen „C-Asteroiden“. Diese seien vermutlich in der Endphase der Entstehung der Erde auf unseren Planeten gestürzt, so die Wissenschaftler. Völlig anders zeigte sich dagegen die Zusammensetzung der Ruthenium-Isotope bei den anderen untersuchten Einschlägen: Alle fünf Ereignisse gehen offenbar auf Asteroiden aus dem inneren Sonnensystem zurück, berichten Fischer-Gödde und seine Kollegen. Der Einschlag, der zum Aussterben der großen Dinosaurier führte, war mit Blick auf die Herkunft des Asteroiden also ein Ausnahme-Ereignis.

Bildquelle: Mark Garlick