Neue Erkenntnisse über extrem energiereiche Teilchen aus dem Kosmos
Am 13. Februar 2023 registrierte das Neutrino-Observatorium KM3NeT/ARCA vor der sizilianischen Küste ein Neutrino mit einer Energie von mehreren hundert Peta-Elektronenvolt. Die Vorsilbe „Peta“ steht für 10 hoch 15 – also eine Billiarde. Das Ereignis ist bis heute einzigartig und seine Energie mindestens zehnmal höher als die energiereichsten Neutrinos, die bislang mit anderen Detektoren wie IceCube oder dem Pierre-Auger-Observatorium nachgewiesen wurden. Handelt es sich also um eine Fehlmessung – oder um ein neues physikalischen Phänomen?
Ein internationales Forschungsteam ist dieser Frage jetzt erneut nachgegangen und hat das Ausnahme-Ereignis statistisch in die Daten der anderen Neutrino-Observatorien eingeordnet. Die Forscher um Oscar Adriani vom Institute for Nuclear Physics in Italien kommen zu dem Schluss, dass das Ausnahme-Ereignis je nach den verwendeten Annahmen mit einer Wahrscheinlichkeit zwischen 0,3 und 20 Prozent mit den Messungen der anderen Neutrino-Observatorien verträglich ist.
Für Physiker ist ein solcher Wert kein Grund zur Panik, denn wenn Forscher viele Messungen durchführen, stoßen sie natürlicherweise auch auf seltene Ereignisse. Weitere Messungen seien also notwendig, konstatieren die Wissenschaftler, um die Verteilung von Neutrinos bei extrem hohen Energie genauer zu untersuchen.
Parallel zu dieser Analyse hat ein Team um Rasha Abbasi von der Rheinisch-Westfälischen Technischen Hochschule Aachen die über 12,6 Jahre angesammelten des Neutrino-Detektors IceCube in der Antarktis einer neuen Auswertung unterzogen, um Rückschlüsse auf deren Ursprung ziehen zu können. Energiereiche Neutrinos erreichen die Erde gleichmäßig aus allen Richtungen. Das zeigt, dass sie nicht aus der Milchstraße stammen, denn dann müsste es eine höhere Zahl von Neutrinos aus der galaktischen Ebene geben.
Die Physiker gehen heute davon aus, dass die energiereichen Neutrinos im Kosmos durch den Zusammenstoß von Protonen oder Atomkernen mit Photonen der hochenergetischen kosmischen Strahlung entstehen. Viele Forscher vertraten bislang die Hypothese, hochenergetische Neutrinos im Bereich von Peta-Elektronenvolt würden ausschließlich durch Protonen entstehen. Die Analyse von Abbasi und ihren Kollegen zeigt jetzt jedoch, dass maximal 70 Prozent der Neutrinos auf Protonen zurückgehen können und auch größere Atomkerne an der Erzeugung der Neutrinos beteiligt sein müssen.
Bildquelle: KM3NET