Messungen japanischer Mondsonde werfen Fragen zur Entstehung des Erdtrabanten auf

Von der Oberfläche des Mondes aus strömen unerwartet viele Kohlenstoff-Ionen ins All. Das zeigt eine neue Auswertung der Messungen der japanischen Raumsonde Kaguya, die in den Jahren 2007 bis 2009 den Erdtrabanten umkreist hat. Der Mond müsse demnach sehr viel mehr Kohlenstoff enthalten, als nach den üblichen Entstehungsmodellen eines Zusammenstoßes der Ur-Erde mit einem marsgroßen Himmelskörper zu erwarten, berichtet ein Team japanischer Forscher im Fachblatt „Science Advances“.

„Seit Jahrzehnten sind wir davon überzeugt, dass der Mond kaum flüchtige Stoffe wie Kohlenstoff enthält – vor allem aufgrund der Analysen der von den Apollo-Missionen zur Erde gebrachten Gesteinsproben“, erläutern Shoichiro Yokota von der Universität Osaka und seine Kollegen. „Dieser Mangel an leichten Elementen ist zugleich eine der wesentlichen Begründungen für das Szenario des großen Einschlags für die Entstehung des Mondes.“ Denn das beim Aufprall des marsgroßen Objekts auf die Ur-Erde ausgeworfene Material, aus dem sich der Mond bildete, war so heiß, dass alle leichten Elemente ins All verdampften.

Der Mondorbiter Kaguya hatte nicht nur die Mondoberfläche kartografiert, sondern mit einem speziellen Detektor auch geladene Teilchen in der Umgebung des Mondes registriert. Zwar zeigten diese Messungen bereits damals Kohlenstoff-Ionen, doch die Forscher sahen den Sonnenwind und kleine Meteoriten als Ursache, da diese beiden Prozesse beständig eine kleine Menge an Kohlenstoff zur Mondoberfläche transportieren. Yokota und seine Kollegen haben die Daten jetzt noch einmal genauer analysiert und kommen dabei zu einem anderen Schluss: Der von der Mondoberfläche ausgehende Strom an Kohlenstoff-Ionen ist erheblich größer, als es sich durch Sonnenwind und Mikro-Meteoriten erklären lässt.

Die Forscher schließen daraus, dass der Erdtrabant im Gegensatz zu den bisherigen Annahmen mehr Kohlenstoff enthalten muss, als mit dem Standard-Szenario seiner Entstehung verträglich ist. Das Einschlag-Modell ziehen Yokota und seine Kollegen dabei nicht in Zweifel: Der Zusammenprall müsse allerdings so verlaufen sein, dass die flüchtigen Elemente wenigstens zum Teil in den Trümmern enthalten geblieben sind, aus denen sich der Mond formte. „Vermutlich ist die Entstehung des Mondes komplizierter verlaufen, als wir es mit dem bisherigen einfachen Modell angenommen haben“, sagt Yokota. „Unsere Auswertungen könnten also dabei helfen, das Modell der Mond-Entstehung weiterzuentwickeln.“

Bildquelle: JAXA