Astronomen schlagen Alarm: Lichtverschmutzung und Satelliten gefährden die Forschung

Seit Jahrzehnten schon beklagen Astronomen die zunehmende Aufhellung des nächtlichen Himmels durch die künstliche Beleuchtung unserer Städte – ohne großen Erfolg. Inzwischen gibt es eine weitere Bedrohung für die Erforschung des Himmels: die rasant anwachsende Zahl künstlicher Objekte – Satelliten und Trümmerteile – im erdnahen Weltraum. In der aktuellen Ausgabe des Fachblatts „Nature Astronomy“ schlagen Astronomen daher mit einer ganzen Reihe von Artikeln einmal mehr Alarm: Es sei höchst Zeit, den Nachthimmel für die Forschung und auch als kulturelles Erbe der Menschheit zu retten.

Erst im Januar berichteten Christopher Kyba vom Deutschen Geoforschungszentrum in Potsdam und seine Kollegen, dass die „Lichtverschmutzung“ durch künstliche Lichtquellen erheblich stärker zunimmt als zuvor angenommen: Die gesammelten Beobachtungen von Hobbyforschern aus aller Welt zeigen eine jährliche Zunahme der Himmelshelligkeit um 9,6 Prozent. Miroslav Kocifaj von der Slowakischen Akademie der Wissenschaften und seine Kollegen präsentieren jetzt eine weitere besorgniserregende Zahl. In Regionen, für die keine ausreichenden Daten vorliegen, würde die Helligkeit des Nachthimmels bislang um das bis zu Zweieinhalbfache unterschätzt.

Damit nicht genug, führt auch die stetig wachsende Zahl von künstlichen Objekten, die unsere Erde umkreisen, zu einer Aufhellung des Nachthimmels. Etwa 36.500 Objekte – von intakten Satelliten bis hin zu Weltraumschrott – mit Größen oberhalb von zehn Zentimetern befinden sich im Orbit. Im Bereich von einem bis zehn Zentimetern könnten es sogar eine Million sein, schätzen John Barentine von der University of Utah in den USA und seine Kollegen. All diese Körper reflektieren Sonnenlicht – größere erscheinen dann als leuchtende Striche auf Himmelsaufnahmen, die kleineren hellen den Himmelshintergrund diffus auf.

Und das führt zu einem Dilemma für die Astronomen. „Die allgemeine Zunahme des diffusen Hintergrundlichts erfordert längere Belichtungszeiten, um bestimmte Nachweisgrenzen zu erreichen“, erläutern Barentine und seine Kollegen, „doch das wiederum erhöht die Wahrscheinlichkeit, dass Streifen von größeren Objekten die Aufnahmen beeinträchtigen.“ Und es ist bereits abzusehen, dass sich die Situation weiter verschlechtert. So plant etwa das Unternehmen SpaceX, insgesamt 42.000 Satelliten für das Kommunikationsnetz Starlink ins All zu schießen.

Zu einem besonderen Problem können künftig auch kurze Blitze durch reflektierende Oberflächen auf Satelliten werden – denn viele astronomische Projekte suchen nach kurzzeitigen Phänomenen am Himmel. Ein Satelliten-Blitz kann dann einen falschen Alarm auslösen. Erst jüngst glaubten Astronomen, auf ein exotisches astrophysikalisches Phänomen gestoßen zu sein. Doch es handelte sich lediglich um einen Satelliten. Solche Fehlalarme könnten schon bald Überhand nehmen, fürchten die Forscher.

Eine Lösung für diese Probleme ist allerdings nicht in Sicht. Seit der Einführung des elektrischen Lichts haben sich die Astronomen mit ihren Sternwarten weiter und weiter von den Städten zurückgezogen – die großen Observatorien stehen heute fernab der Zivilisation auf hohen Berggipfeln. Doch heute gäbe es „fast keine abgelegenen Orte auf der Erde, die gleichzeitig alle für die Errichtung einer Sternwarte erforderlichen Merkmale erfüllen – keine Lichtverschmutzung, eine große Anzahl klarer Nächte und eine ruhige Atmosphäre“, stellen Fabio Falchi von der Universität Santiago in Spanien und seine Kollegen fest.

Zwar hat eine internationale Arbeitsgruppe astronomischer Organisationen und Institutionen unlängst den Ausschuss der Vereinten Nationen für die friedliche Nutzung des Weltraums dazu aufgefordert, eine Expertengruppe zum Schutz des dunklen Himmels einzurichten. Doch ob es, wie sich etwa Falchi und seine Kollegen wünschen, in absehbarer Zeit zu einer Deckelung der künstlichen Beleuchtung und der Anzahl der Satelliten kommt, steht sprichwörtlich in den immer schlechter sichtbaren Sternen.

Bildquelle: ESO/P. Horálek