Astronomen beobachten, wie Gas auf ein supermassereiches Schwarzes Loch zuströmt
Nur ein kleiner Teil des Gases, der in einer Galaxie auf das zentrale supermassereiche Schwarze Loch zuströmt, erreicht dieses tatsächlich auf direktem Weg. Das zeigen Beobachtungen eines Forschungsteams aus Japan und Chile mit der großen Radioantennen-Anlage ALMA in der chilenischen Atacama-Wüste. Über 97 Prozent des einfallenden Gases werden wie in einem gigantischen Springbrunnen wieder herausgeblasen, berichten die Wissenschaftler im Fachblatt „Science“.
Das Team um Takuma Izumi von der Universität Tokio hat mit ALMA die am Südhimmel im Sternbild Zirkel gelegene Circinus-Galaxie ins Visier genommen. Mit einer Entfernung von 13 Millionen Lichtjahren ist dieses System astronomisch gesehen ein Nachbar der Milchstraße – und zudem eine „aktive Galaxie“: Eine große Menge an Gas strömt auf das supermassereiche Schwarze Loch im Zentrum der Galaxie zu, erhitzt sich und sendet deshalb intensive Strahlung aus. Durch die geringe Entfernung eignet sich die Circinus-Galaxie besonders gut, um einen genaueren Blick darauf zu werfen, wie das Gas zum schwarzen Loch gelangt.
„Die supermassereichen Schwarzen Löcher in Galaxienzentren wachsen durch den Zustrom von Gas aus der gesamten umgebenden Galaxien an“, erläutern Takuma Izumi von der Universität Tokyo und seine Kollegen. Zahlreiche Beobachtungen bestätigen diesen Gasfluss – allerdings nur bis auf etwa 300 Lichtjahre an das Schwarze Loch heran. „Wie dieser Akkretionsprozess weiter innen verläuft, konnte bislang nicht direkt beobachtet werden“, so die Forscher. ALMA ist dafür ein geeignetes Instrument, da die Anlage noch Einzelheiten mit Größen hinab bis zu 1,5 Lichtjahren sichtbar machen kann.
Aus der Analyse der intensiven Strahlung von aktiven Galaxien wissen die Astronomen, dass sich eng um das Schwarze Loch eine „Akkretionsscheibe“ bildet: Hier verdichtet sich das von außen hineinströmende Gas und erhitzt sich auf über eine Million Grad. Die Beobachtungen von Izumi und seinen Kollegen zeigen jetzt, dass der Zustrom von Gas zu dieser Akkretionsscheibe unerwartet komplex ist. Denn die ALMA-Messungen zeigen nicht nur Gas, das sich auf das Schwarze Loch zu beweget, sondern auch starke Gasströmungen in die entgegengesetzte Richtung.
„Die von uns gemessenen Strömungen in beide Richtungen zeigen, dass nur ein kleiner Teil des Gases – weniger als drei Prozent – tatsächlich direkt in den unmittelbaren Einflussbereich des Schwarzen Lochs gelangt“, so die Forscher. Der größte Teil des Gases wird durch die starke Strahlung der Akkretionsscheibe zurückgestoßen. Allerdings reicht bei einem Teil des ausgestoßenen Gases die Geschwindigkeit nicht aus, um dem Schwerkraft-Einfluss des Schwarzen Lochs völlig zu entkommen: Wie das hoch schießende Wasser in einem Springbrunnen kommt das Gas zum Stillstand und fällt wieder zurück Richtung Schwarzes Loch.
Der Teil des Gases, der eine ausreichend hohe Geschwindigkeit besitzt, kann jedoch weiter in die Galaxie hinaus schießen und durch den Zusammenprall mit dort bereits vorhandenem Gas die Entstehung neuer Sterne auslösen.
Bildquelle: ALMA (ESO/NAOJ/NRAO), T. Izumi et al.