Entgegen bisherigen Annahmen können größere Planeten ähnlich wie Sterne entstehen
Planeten, so dachten die Astronomen bislang, entstehen in rotierenden Scheiben aus Gas und Staub um junge Sterne. Doch das ist nicht immer so, wie Beobachtungen eines internationalen Forschungsteams mit dem Weltraumteleskop James Webb zeigen. In dem etwa tausend Lichtjahre entfernten jungen Sternhaufen NGC 13333 im Sternbild Perseus stieß das Team auf sechs bislang unbekannte Objekte mit der fünf- bis zehnfachen Masse des Jupiter. Es handele sich offenbar um Planeten, die sich unabhängig von einem Stern gebildet haben, so die Wissenschaftler im Fachblatt „Astronomical Journal“.
„Wir haben die enorme Empfindlichkeit des Webb-Teleskops genutzt, um nach den leuchtschwächsten Objekten in dem Sternhaufen zu suchen“, berichtet Ray Jayawardhana von Johns Hopkins University in den USA. „Damit wollten wir die Frage beantworten: Was sind die leichtesten Objekte, die wie ein Stern entstehen können?“ Wie es scheint, hat das Team die Antwort gefunden: Die Grenze liegt bei etwa fünf Jupitermassen.
Zwar wissen die Astronomen seit gut einem Vierteljahrhundert, dass es nicht nur Planeten gibt, die Sterne umkreisen, sondern auch Einzelgänger, die weit entfernt von Sterne einsam ihre Bahn ziehen. Doch bislang gingen die meisten Himmelsforscher davon aus, dass diese Planeten durch enge Begegnungen mit anderen Himmelskörpern aus ihrem Heimatsystem herausgeschleudert worden sind.
„Unsere Beobachtungen zeigen jetzt jedoch, dass Planeten auf zwei unterschiedlichen Wegen entstehen können“, so Jayawardhana, „einerseits in einer Scheibe aus Gas und Staub um einen jungen Stern wie Jupiter, und andererseits durch einen eigenständigen Kollaps einer Gaswolke wie ein Stern.“ Jayawardhana und seine Kollegen haben versucht, noch kleinere Einzelgänger-Planeten in NGC 1333 aufzuspüren – jedoch ohne Erfolg. Die Empfindlichkeit des Webb-Teleskops reiche jedoch aus, um auch noch leuchtschwächere Objekte zu finden. „Wir scheinen also die Objekte mit der kleinsten Masse gefunden zu haben, die wie ein Stern entstehen können“, folgern die Forscher.
Überraschend ist dabei auch eine weitere Entdeckung: Der leichteste der aufgespürten Einzelgänger-Planeten ist selbst von einer Scheibe aus Gas und Staub umgeben. „Um diese kleinen Objekte mit der Masse großer Gasplaneten könnten sich also sogar eigene kleine Planetensysteme bilden“, sagt Team-Mitglied Aleks Scholz von der University of St. Andrews in Großbritannien. Insgesamt, so das Fazit der Studie, handelt es sich bei etwa einem Zehntel der in NGC 1333 entstandenen Objekte nicht um Sterne, sondern um große Planeten.
Bildquelle: ESA/Webb, NASA & CSA, A. Scholz, K. Muzic, A. Langeveld, R. Jayawardhana