Turbulenzen am Rand des Sonnensystems – Aufbruch in den interstellaren Raum

Seit 2012 warten die Wissenschaftler nun auf Hinweise darauf, dass sich Voyager 1 der Heliopause nähert und in den interstellaren Raum vorstößt. Die gemessene Verlangsamung des Sonnenwinds erwies sich als trügerisch. Computersimulationen zeigen, dass mit der Abbremsung eine seitliche Ablenkung der ursprünglich nach außen gerichteten Teilchenbewegung stattfinden sollte. Doch trickreiche Versuche, die seitliche Strömung mithilfe von Drehungen der Raumsonde nachzuweisen, blieben ohne Erfolg. „Wir schließen daher aus unseren Daten, dass Voyager 1 sich gegenwärtig nicht nahe der Heliopause befindet“, sagt Robert Decker von der Johns Hopkins University, „jedenfalls nicht in der Form, in der wir sie uns bislang vorstellen.“

Statt auf die Heliopause stieß die Sonde im August vergangenen Jahres auf eine von theoretischen Modellen nicht vorhergesagt Region. „Messungen des Magnetfelds zeigten einerseits, dass Voyager 1 sich noch innerhalb der Heliosphäre befand. Andererseits stieg die Intensität der von außen eindringenden kosmischen Strahlung deutlich an“, berichtete Edward Stone vom California Institute of Technology in Pasadena. Letzteres hatten die Forscher erst nach Verlassen der Heliosphäre erwartet. „Die Beobachtungen zeigen also eher, dass Voyager 1 eine neue Region der Heliosphäre erreicht hat als das interstellare Medium.“ Die Wissenschaftler hoffen, dass diese „Abreicherungszone“ nun die letzte Region vor der Heliopause, vor dem Übergang in das Gas zwischen den Sternen ist.

Bis spätestens 2015 sollten die Raumsonden endgültig den interstellaren Raum erreichen – und dort vielleicht auf neue Überraschungen stoßen. Die Forscher erhoffen sich von den Voyagers neue Erkenntnisse über das Magnetfeld und die kosmische Strahlung außerhalb unseres Sonnensystems. Bislang konnten die Astronomen solche Informationen nur indirekt aus dem Licht ferner Sterne ablesen, die beiden Sonden bieten erstmals die Möglichkeit von Messungen vor Ort.

Und die Raumfahrt-Oldtimer erfreuen sich immer noch guter Gesundheit. Der Treibstoff für die Lagekontrolle könnte sogar noch für 40 Jahre reichen. Kritischer ist die Energieversorgung: Die radioaktiven Zerfallsbatterien liefern nach aktuellen Schätzungen noch bis zum Jahr 2025 ausreichend Energie. Zudem wird das ferne Wispern der beiden Raumsonden wird von Jahr zu Jahr leiser. Die heute auf der Erde eintreffenden Funksignale haben nur noch eine Energie von einem Zehnmillionstel eines Millionstel Watts. Aber auch wenn diese schwachen Signale eines Tages ganz verlöschen, bleiben die Voyager-Sonden weiter unterwegs zu den Sternen. Mit an Bord: Bild- und Tondokumente, die vielleicht in ferner Zukunft irdischen - oder auch außerirdischen - Raumfahrern von der menschlichen Kultur am Ende des zweiten Jahrtausends berichten.


Goldene Schallplatten für ET

Voyager 1 und 2 sind mit identischen „Golden Records“ ausgestattet, einer Schallplatte ähnelnden Datenträgern aus goldbeschichtetem Kupfer. Die Datenspur enthält 116 Bilder von Menschen verschiedener Kulturen, Bauwerken, der irdischen Tier- und Pflanzenwelt, sowie den Planeten des Sonnensystems. Außerdem sind auf der „Golden Record“ Tondokumente gespeichert: Grußbotschaften in 55 Sprachen, Musik von Mozart bis Chuck Berry und natürliche Geräusche wie Wind, Donner und Vogelgezwitscher.

Verpackt sind die Datenträger in Hüllen aus Aluminium, auf die eine dünne Schicht aus radioaktivem Uran aufgetragen ist. Der Zerfall des Urans soll es etwaigen außerirdischen Empfängern ermöglichen, das Alter der Sonde zu bestimmen. Außerdem befindet sich auf der Hülle eine Beschreibung der Position unseres Sonnensystems relativ zu 14 Pulsaren, eine grafische Darstellung des Sonnensystems und eine auf Naturkonstanten basierende Gebrauchsanweisung: Der Datenträger muss mit 16 2/3 Umdrehungen pro Minute abgespielt werden.

Bildquelle: Nasa