Anzahl übertrifft Zahl der neu entdeckten Krater um das Zwei- bis Dreifache

Pro Jahr schlagen auf dem Mars über 300 Meteoriten ein, die über 80 Zentimeter groß sind und Krater mit einem Durchmesser von mehr als acht Metern verursachen. Das zeigen die zur Erde gefunkten seismologischen Messdaten des Marslanders InSight, die unabhängig voneinander von zwei internationalen Forscherteams ausgewertet wurden. Damit schlagen auf dem Mars zwei- bis dreimal mehr Meteoriten ein als bislang auf Basis von aus der Marsumlaufbahn neu entdeckten Kratern geschätzt worden ist. Das Ergebnis sei für die Altersbestimmung nicht nur von Regionen auf dem Mars, sondern auch auf anderen Himmelskörpern von großer Bedeutung, betonen die Wissenschaftler, die in den Fachblättern „Science Advances“ und „Nature Astronomy“ über ihre Untersuchungen berichten.

Planetenforscher leiten das Alter unterschiedlicher Regionen auf den Oberflächen von Planeten und Monden aus der Anzahl der dort gezählten Krater ab: Je mehr Krater dort sichtbar sind, desto jünger ist die Oberfläche, da die Spuren von Einschlägen durch Erosionsprozesse im Laufe der Zeit verschwinden. Um nicht nur das relative, sondern auch das absolute Alter einer Region zu erhalten, muss allerdings die Zahl der Einschläge pro Jahr bekannt sein. Deshalb suchen Forscher auf den Aufnahmen, die von zahlreichen Sonden aus der Marsumlaufbahn geliefert werden, ständig nach neuen Kratern.

Extrapoliert auf die gesamte Oberfläche des roten Planeten ergibt sich daraus eine Zahl von etwa 90 neuen Kratern größer als acht Meter pro Jahr. Allerdings ist dieses Ergebnis mit vielen Unsicherheiten behaftet, da sich nicht die gesamte Marsoberfläche permanent überwachen lässt. Hier kommt nun ein anderes Verfahren ins Spiel. Im November 2018 landete die Nasa-Sonde InSight auf dem Mars. Mit an Bord: Ein Seismometer, also ein Instrument, das Erschütterungen der Marsoberfläche registriert.

Zwar dient dieses Seismometer in erster Linie dazu, Informationen über den inneren Aufbau unseres Nachbarplaneten zu erhalten – so, wie Forscher auf der Erde aus der Messung von Erdbebenwellen einen Blick in das Innere der Erde werfen können. Doch das Seismometer registriert, wie sich zeigte, nicht nur Beben auf dem Mars, sondern auch Erschütterungen durch Einschläge von Meteoriten. Diese unterscheiden sich von Marsbeben durch charakteristische, hochfrequente Schwingungen des Marsboden.

Die Auswertung der InSight-Daten durch Géraldine Zenhäusern von der ETH Zürich und ihren Kollegen lieferte einen überraschend hohen Wert von 362 Einschlägen pro Jahr. Bei vielen der registrierten Erschütterungen ließ sich sogar die Region des Einschlags lokalisieren und damit auch tatsächlich auf Bildern ein – zuvor übersehener – Krater aufspüren. Allein auf Grundlage der so gefundenen Krater ergeben sich bereits 280 Einschläge pro Jahr. Für das Team ist das eine Bestätigung dafür, dass es sich bei den hochfrequenten Ereignissen tatsächlich überwiegend um Meteoriten-Einschläge handelt.

Dieses Ergebnis bestätigen auch Ingrid Daubar von der Brown University in den USA und ihre Kollegen, die sich bei ihrer Auswertung der InSight-Daten auf besonders starke Erschütterungen konzentriert haben – also auf größere Meteoriten oder Einschläge in der näheren Umgebung des Landers. Damit stehen auch bisherige Altersbestimmungen auf dem Prüfstand, die vor allem auf Kraterzählungen basieren. „Wenn sich unsere Resultate bestätigen, müssen bisherige Modelle zur Abschätzung des Alters planetarer Oberflächen überdacht werden“, so Daubar. Und zwar, wie die Forscherin betont, nicht nur für Mars, sondern auch für andere Himmelskörper überall im Sonnensystem.

Bildquelle: NASA/JPL-Caltech/University of Arizona