Astronomen suchen vergeblich nach Begleiter des explodierten Sterns - offenbar wurde er vor der Explosion zerrissen

La Laguna (Spanien) - Am 30. April 1006 leuchtete am südlichen Himmel ein neuer Stern auf – die hellste Supernova der überlieferten Geschichte, doppelt so hell wie die Venus und sogar am Tag mit bloßen Augen zu erkennen. Heute wissen wir, dass es sich um eine Supernova des Typs Ia gehandelt hat: um die Explosion eines Weißen Zwergs, der Materie von einem zweiten Stern aufgenommen hat, bis es zu einer thermonuklearen Kettenreaktion gekommen ist. Ein spanisch-italienisches Forscherteam hat nun intensiv nach diesem zweiten Stern gesucht – ohne Erfolg. Offenbar hat der explodierte Stern seinen Begleiter vollständig zerrissen und verschlungen, so die Astronomen im Fachblatt „Nature“.

Es gibt zwei mögliche Wege, die zu einer Sternexplosion dieses Typs führen können. Beim langsamen Weg umkreist ein alter, aufgeblähter Riesenstern den Weißen Zwerg. Der Weiße Zwerg entreißt dem Riesen mit seiner Schwerkraft langsam Materie, verleibt sich diese ein und wächst so, bis ein kritischer Massenwert erreicht ist und es zur Explosion kommt. Beim schnellen Weg ist der Begleiter dagegen ebenfalls ein – allerdings kleinerer - Weißer Zwerg oder ein anderer kleiner Stern. Dieser nähert sich dem größeren Weißen Zwerg an, bis er von dessen Schwerkraft komplett zerrissen wird. Die Trümmer des zerfetzten Sterns fallen auf den Weißen Zwerg herab und führen so relativ rasch zum Erreichen der kritischen Masse und damit zur Explosion.

„Beide Wege können zur Produktion von Supernovae des Typs Ia beitragen“, so Jonay Gonzáles Hernández vom Instituto de Astrofisica de Canarias und seine Kollegen, „doch die relativen Anteile der beiden Wege sind immer noch ein fundamentales Rätsel der Astronomie.“ Ein Rätsel mit großer Bedeutung, denn solche Supernovae dienen den Astronomen bei der Erforschung des Kosmos als „Standardkerzen“, als einheitliche Lichtquellen also, mit denen sich große Entfernungen messen lassen. Ein genaues physikalisches Verständnis der Sternexplosionen ist deshalb wichtig, um beispielsweise die Genauigkeit dieser Messungen korrekt einzuschätzen.

González und seine Kollegen haben in einem Umkreis von knapp zehn Lichtjahren um den etwa 7000 Lichtjahre entfernten Supernova-Überrest nach Sternen gesucht. „Nur vier Sterne befinden sich in Entfernungen von uns, die gerade noch kompatibel sind mit der Supernova“, so die Astronomen. Alle vier sind rote Riesen – aber keiner dieser Sterne zeigt irgendwelche Auffälligkeiten im Spektrum. Da der überlebende Stern bei der Explosion des Weißen Zwergs aber mit schweren Elementen verunreinigt wird, kann es sich bei keinem dieser Sterne um den früheren Begleiter der Supernova handeln.

Gonzáles und seine Kollegen folgern daraus, dass dieser Begleiter nicht mehr existiert – und die Supernovae von 1006 folglich auf dem schnellen Weg entstanden sein muss. Das Team verknüpft seine Ergebnisse mit den Daten anderer Beobachter und kommt zu dem Schluss, dass höchstens 20 Prozent aller Supernovae des Typs Ia auf dem langsamen Weg entstehen und einen überlebenden Partner hinterlassen.

Bildquelle: Röntgen: NASA / CXC / Rutgers / G.Cassam-Chenaï / J.Hughes et al.; Radio: NRAO / AUI / NSF / GBT / VLA / Dyer, Maddalena & Cornwell; optisch: Middlebury College / F.Winkler / NOAO / AURA / NSF / CTIO Schmidt & DSS