Neue Teleskop-Anlage ALMA entdeckt Galaxien mit rasanter Sternentstehung im jungen Universum

Garching - Die geradezu explosionsartige Entstehung neuer Sterne fand deutlich früher im jungen Kosmos statt als bislang vermutet. Das zeigt die Beobachtung so genannter Starburst-Galaxien durch ein internationales Forscherteam mit der neuen Teleskop-Anlage ALMA der Europäischen Südsternwarte in der chilenischen Atacama-Wüste. Die explosionsartige Sternentstehung – englisch „starburst“ – fand demnach in großen Galaxien bereits zwei Milliarden Jahre nach dem Urknall statt, eine Milliarde Jahre früher als zuvor angenommen. Bei zwei der entdeckten Galaxien fand die Sternentstehung sogar schon eine Milliarde Jahre nach dem Urknall statt - ein neuer Rekord.

„Dank der Empfindlichkeit von ALMA konnten wir unsere Messungen in wenigen Minuten pro Galaxie durchführen“, erläutert Axel Weiss vom Max Planck Institut für Radioastronomie in Bonn, einer der beteiligten Forscher, „das ist hundertmal schneller als früher.“ ALMA, das Atacama Large Millimeter/Submillimeter Array, beobachtet in einem zwischen Infrarot- und Radiostrahlung liegenden Bereich, in dem die staubreichen Starburst-Galaxien besonders hell strahlen. Die Anlage ist noch im Aufbau und soll nach Fertigstellung aus 66 Antennen bestehen. Weiss und seine Kollegen konnten für ihre Beobachtungen bereits 16 der jeweils zwölf Meter großen Antennen nutzen.

Zusätzlich kam ihnen die Natur zu Hilfe: Die Starburst-Galaxien stehen jeweils genau hinter einem weit im Vordergrund liegenden Sternsystem. Mit seiner Schwerkraft agiert diese Vordergrund-Galaxie als „Gravitationslinse“ und verstärkt die Strahlung der weiter entfernten Starburst-Galaxie um das bis zu 22-Fache. Erst diese Kombination ermöglichte es den Forschern, die Rotverschiebung der Strahlung der fernen Objekte zu bestimmen. Darunter verstehen die Astronomen die Streckung der Wellenlägen durch die Expansion des Weltalls während der langen Reise der Strahlung zur Erde. Aus der Stärke der Rotverschiebung können die Wissenschaftler die Laufzeit der Strahlung, also auch die Länge des zurückgelegten Wegs ableiten.

„Je weiter entfernt eine Galaxie ist, desto weiter blicken wir auch in die Zeit zurück“, erläutert Joaquin Vieira vom California Institute of Technology im amerikanischen Pasadena. Hat das Licht 12,7 Milliarden Lichtjahre zurückgelegt, so sehen wir sie so, wie sie vor 12,7 Milliarden Jahren aussah, eine Milliarde Jahre nach dem Urknall. „Durch die Messung der Entfernung der Starburst-Galaxien können wir also entschlüsseln, wie viele neue Sterne das Universum in verschiedenen Phasen seiner 13,7 Milliarden Jahre langen Geschichte produziert hat.“

Bildquelle: Vieira et al., ALMA (ESO, NAOJ, NRAO), NASA, NRAO/AUI/NSF