Radioaktiver Zerfall beeinflusst Evolution von Gesteinsplaneten

Im Gegensatz zu vielen vergleichbar großen Exoplaneten sind die inneren Planeten unseres Sonnensystems wasserarm. Warum das so ist, zeigen jetzt Computersimulationen eines internationalen Forscherteams um Tim Lichtenberg von der ETH Zürich: Das radioaktive Element Aluminium-26 entscheide darüber, ob um einen jungen Stern wasserarme Planeten oder vollständig von kilometerdicken Schichten aus Wasser und Eis bedeckte Welten entstehen, berichten die Wissenschaftler im Fachblatt „Nature Astronomy“.

„Bislang ist nicht klar, ob unser Sonnensystem eine extrem seltene Ausnahme ist, oder ob es sich aus allgemeineren Prozessen der Planetenentstehung heraus verstehen lässt“, erläutern die Forscher. Merkur, Venus und Mars sind offensichtlich trockene Planeten ohne Wasser auf ihren Oberflächen. Und trotz ihrer Ozeane zählt auch unsere Erde astronomisch gesehen zu den trockenen Gesteinsplaneten. Denn „Wasserwelten“, wie sie unter erdähnlichen Planeten bei anderen Sternen zu dominieren scheinen, besitzen erheblich mehr Wasser auf ihrer Oberfläche.

Im Sonnensystem hat das radioaktive Element Aluminium-26, dessen Halbwertszeit 720.000 Jahre beträgt, eine entscheidende Rolle bei der Entwicklung der Planetesimale gespielt, also der bereits viele Kilometer großen Bausteine der Planeten. Die beim radioaktiven Zerfall freiwerdende Wärme sorgt dafür, dass das Gestein schmelzen und damit die Himmelskörper ausdifferenzieren können – wobei durch die Wärme auch die ursprünglich vorhandenen leichten Stoffe einschließlich des Wassers ins All verdampften.

Lichtenberg und seine Kollegen haben nun simuliert, wie sich der Anteil an Aluminium-26 in der protoplanetaren Scheibe auf diese Vorgänge auswirkt. Dabei zeigte sich, dass es in Systemen mit einem Anteil an Aluminium-26, der mindestens genauso hoch ist wie im jungen Sonnensystem, bereits für zehn Kilometer große Planetesimale zu einem völligen Verlust der ursprünglich vorhandenen Wassers kommt. „Unsere Modelle deuten also darauf hin, dass Planetensysteme mit einem Anteil an Aluminium-26, der ähnlich oder höher ist als in unserem Sonnensystem, terrestrische Planeten mit nur wenig Wasser entstehen“, so die Forscher. Unser Sonnensystem ist demnach keine seltene Ausnahme. Allerdings bleibt die Frage, warum wasserreiche Gesteinsplaneten scheinbar häufiger vorkommen als wasserarme. Dies könne nach Aussage der Wissenschaftler entweder an einem Auswahleffekt bei den Beobachtungen oder an bislang unbekannten Prozessen bei der Planetenentstehung liegen.

Bildquelle: Lucianomendez