Gravitationslinse liefert Einblick in wichtige Phase der kosmischen Entwicklung

Astronomen haben erstmals direkt beobachtet, wie die Strahlung der ersten Sterne im jungen Kosmos in den intergalaktischen Raum entfliehen und dort das Wasserstoffgas ionisieren konnte. Dabei kam ihnen ein kosmischer Zufall zur Hilfe: Die Forscher beobachten eine weit entfernte Galaxie durch eine Gravitationslinse, also einen Galaxienhaufen, der als Vergrößerungsglas fungiert. Die energiereiche ultraviolette Strahlung entstehender Sterne entweiche durch einen engen Kanal in dem umgebenden dichten Gas, berichten die Wissenschaftler im Fachblatt „Science“.

„In der Reionisierungsepoche hat die energiereiche ultraviolette Strahlung der jungen Sterne in den ersten Galaxien das neutrale Gas im frühen Kosmos ionisiert“, erläutern Emil Rivera-Thorsen von der Universität Oslo in Norwegen und seine Kollegen. „Damit das möglich war, musste die Strahlung jedoch aus den Galaxien entkommen.“ Doch die Sternentstehungsregionen in den jungen Galaxien sind im Allgemeinen von dichten Gaswolken umgeben, die von der Strahlung nicht durchdrungen werden können. Wie also konnte die Strahlung entfliehen und die Reionisierung einleiten?

Die Sternentstehungsregionen in mehrere Milliarden Lichtjahre entfernten Galaxien sind von der Erde aus gesehen zu klein, um selbst mit großen Teleskopen Einzelheiten zu diesem Prozess beobachten zu können. Die elf Milliarden Lichtjahre entfernte Galaxie PSZ1-ARC liegt jedoch von der Erde aus gesehen genau hinter einem großen Galaxienhaufen – und dieser Galaxienhaufen lenkt mit seiner Gravitation die Lichtstrahlen der Galaxie ab. Durch diese Gravitationslinse betrachtet konnten Rivera-Thorsen und seine Kollegen mit dem Weltraumteleskop Hubble gleich zwölf Bilder einer Sternentstehungsregion sehen.

Zudem erscheinen diese Bilder erheblich vergrößert. Dadurch sind Einzelheiten sichtbar, die sich ohne die Hilfe der Gravitationslinse nicht erkennen ließen. Die Beobachtungen des Teams zeigen, dass die ultraviolette Strahlung der Sternentstehungsregion durch einen engen Kanal in den ansonsten dichten Gaswolken entkommt. Mit ihrer Entfernung von elf Milliarden Lichtjahren sehen die Astronomen die Galaxie so, wie sie etwa zweieinhalb bis drei Milliarden Jahre nach dem Urknall ausgesehen hat. Das sei, so die Forscher, zwar bereits nach der Reionisierungsepoche, die bereits einige hundert Millionen Jahre nach dem Urknall begann. Gleichwohl liefern die Beobachtungen erstmals einen Einblick in jene Prozesse, die während der Reionisierung eine wichtige Rolle gespielt haben.

Bildquelle: E. Rivera-Thorsen, Hubble Space Telescope