Neues Verfahren erweitert die Möglichkeiten von Laser-Tracking-Stationen
Der Weltraum ist voller Müll – und dieser Müll bedroht Satelliten und Raumstationen. Deshalb überwacht insbesondere das US-amerikanische „Space Surveillance Network“ SSN (Weltraum-Überwachungsnetz) ausgediente Satelliten und Trümmerteile explodierter Raketen mit speziellen Teleskopen und Radaranlagen, doch die daraus abgeleiteten Umlaufbahnen sind nicht allzu genau. Bessere Daten liefert das Laser-Tracking, eine Peilung per Laserstrahl von der Erde aus – doch bislang funktioniert dieses Verfahren nur für kurze Zeit in der Dämmerung. Abhilfe bietet nun ein neues Verfahren, das Forscher aus Deutschland, Österreich und Spanien entwickelt haben: Es ermöglicht das Laser-Tracking auch bei Tageslicht und erweitert so die Möglichkeiten von Tracking-Stationen von 6 auf 22 Stunden pro Tag, wie das Team im Fachblatt „Nature Communications“ am Beispiel der Tracking-Station in Graz aufzeigt.
„Unsere Ergebnisse zeigen deutlich, dass die Einbeziehung von Beobachtungen in der Dämmerung und bei vollem Tageslicht die Leistung aller Stationen, die Trümmer im All verfolgen können, dramatisch verbessert“, schreiben Michael Steindorfer von der Österreichischen Akademie der Wissenschaften und seine Kollegen. „Das ist ein Anreiz für den Aufbau eines [globalen] Netzes derartiger Stationen. Damit lässt sich dann sofort auf Annäherungswarnungen reagieren und es können präzisere Bahnvorhersagen geliefert werden.“
Das Teleskop- und Radarnetz des SSN verfolgt etwa 13.000 Trümmerstücke mit Größen oberhalb von fünf Zentimetern, die sich mit Geschwindigkeiten von bis zu 28.000 Kilometern pro Sekunde um die Erde bewegen. Der Einschlag selbst kleiner Trümmerstücke kann Satelliten beschädigen oder gar zerstören – und wäre für die Astronauten an Bord der Internationalen Raumstation ISS lebensbedrohlich. Doch die Bahnvorhersagen dieser Überwachung haben eine Genauigkeit, die oft nicht besser als ein Kilometer ist.
Durch Laser-Tracking lässt sich die Genauigkeit um mehr als eine Größenordnung verbessern. Dabei schießt eine aktive Station einen kurzen Laserpuls auf das Trümmerstück und mehrere Stationen registrieren das diffus reflektierte Licht – aus den jeweiligen Laufzeiten des Signals lassen sich so Entfernung und Bewegung des Objekts berechnen. Bislang beteiligen sich weltweit allerdings nur wenige Stationen an der Überwachung von Weltraummüll. Das Problem: Für eine Messung muss sich das Trümmerstück noch im Sonnenlicht, die Station jedoch bereits im Dunkeln befinden. Denn zunächst muss das jeweilige Objekt optisch angepeilt werden, um dann den Laser darauf auszurichten. Die Stationen können also wenig effektiv nur für kurze Zeit in der Dämmerung messen.
Steindorfer und seine Kollegen zeigen nun, wie der Einsatz von modernen Teleskopen, Detektoren und Filtern auch die Beobachtung und Erfassung von Objekten in der Erdumlaufbahn bei vollem Tageslicht möglich machen. Von der Tracking-Station Graz aus beobachteten die Forscher dazu über 40 unterschiedliche Trümmerstücke mit ihren optischen Geräten, für vier davon führten sie erfolgreich ein Laser-Tracking durch. Allerdings handelte es sich dabei zunächst um jeweils mehrere Meter große Raketenstufen, die nach Satellitenstarts im All verblieben waren. Die Forscher sehen dies daher auch erst als den Anfang einer Entwicklung: Die Beobachtungen sollen den Aufbau eines weltweiten Überwachungsnetzes für Weltraummüll anstoßen, das nicht nur in der Dämmerung, sondern entsprechend effektiver auch bei Tageslicht arbeiten kann. „Damit könnten wir nicht nur bessere Vorhersagen für Ausweichmanöver erhalten“, betonen die Forscher, „sondern auch wichtige Daten für künftige Verfahren zur Beseitigung des Weltraummülls.“
Bildquelle: NASA / Orbital Debris Program Office