Erstmals Einfluss von Strahlung auf Planetenentstehung beobachtet
Die energiereiche Strahlung massereicher Sterne kann die Entstehung großer Gasplaneten bei kleineren Sternen in ihrer Umgebung verhindern. Diesen seit langem theoretisch vermuteten Einfluss konnte ein internationales Forschungsteam jetzt erstmals mithilfe des Weltraumteleskops James Webb sowie der großen Antennenanlage ALMA in Chile beobachten. Wie die Wissenschaftler im Fachblatt „Science“ berichten, zerstört die ultraviolette Strahlung großer Sterne die äußere Scheibe aus Gas um einen jungen Stern im Orionnebel schneller als sich dort Planeten bilden können.
Nach ihrer Entstehung sind junge Sterne in eine rotierende Scheibe aus Gas und Staub eingehüllt, in der sich durch langsame Verdichtung Planeten formen können. Im inneren Bereich einer solchen protoplanetarischen Scheibe entstehen zumeist felsige Planeten wie unsere Erde, da die Strahlung des jungen Sterns die leichteren Gase fortbläst. Weiter außen in der Scheibe jedoch ist genügend kühles Gas vorhanden, das sich zu großen Gasplaneten wie etwa Jupiter verdichten kann. Doch auch dieser Bereich ist nicht vor zerstörerischer Strahlung gefeit.
„Die meisten kleinen Sterne entstehen in größeren Ansammlungen, die auch massereiche Sterne enthalten“, erläutern Olivier Berné von der Universität Toulouse in Frankreich und seine Kollegen. Theoretische Modelle sagen voraus, dass die energiereiche ultraviolette Strahlung dieser großen Sterne die äußere Scheibe auflösen kann und so die Entstehung von Planeten dort beeinflusst. Direkt beobachtet werden konnte dieser Vorgang bislang jedoch nicht – und damit blieb auch unklar, wie stark dieser Einfluss ist.
Berné und seine Kollegen haben mit dem James Webb Space Telescope und ALMA, dem Atacama Large Millimeter Array, die protoplanetarische Scheibe um den 1350 Lichtjahre entfernten Stern d203-506 im Orionnebel, einer Sternentstehungsregion, ins Visier genommen. In der Umgebung des roten Zwergsterns, der etwa ein Drittel so viel Masse enthält wie unsere Sonne, gibt es mehrere Sterne mit der zehnfachen Masse der Sonne, die 100.000 mal mehr Strahlung aussenden wie unser Zentralgestirn.
Wie die Beobachtungen des Teams zeigen, erhitzt die ultraviolette Strahlung dieser massereichen Sterne das Gas im äußeren Bereich der Scheibe so stark, dass es aus der Scheibe verdampft. Die Scheibe um d203-506 verliere durch diese „Photoevaporation“, also die Verdampfung durch Strahlung, so viel Gas, dass sie sich innerhalb von 130.000 Jahren völlig auflösen sollte. „Und das ist viel schneller als Planeten entstehen können“, so Berné und seine Kollegen.
Über 4000 Planetensysteme kennen Astronomen inzwischen bei anderen Sternen. Je massereicher ein Stern ist, so zeigte sich bei der Entdeckung all dieser Exoplaneten, desto wahrscheinlicher ist es, dass er auch große Gasplaneten besitzt. Wie die Beobachtungen des Teams zeigen, erklärt sich dieser Zusammenhang durch die energiereiche Strahlung großer Sterne in der Umgebung. Zwergsterne wie d203-506 können mit ihrer Anziehungskraft der Photoevaporation weniger Widerstand entgegensetzen als Sterne mit viel Masse und entsprechend größerer Schwerkraft. Unsere Sonne ist offenbar bereits massereich genug, wie die großen Gasplaneten im äußeren Sonnensystem belegen.
Bildquelle: NASA/STScI/Rice Univ./C.O'Dell et al / O. Berné, I. Schrotter, PDRs4All