Neuer Blick auf das Schwarze Loch im galaktischen Zentrum
Vom großen Schwarzen Loch im Zentrum unserer Milchstraße geht ein starkes, geordnetes Magnetfeld aus. Das zeigen Beobachtungen mit dem „Event Horizon Telescope“ EHT, einem Netz von acht über die ganze Welt verteilten Radioteleskop-Anlagen. Die Struktur dieses Magnetfelds sei jenem bei dem supermassereichen Schwarzen Loch in der Galaxie M87 überraschend ähnlich, berichten die Wissenschaftler des EHT-Teams im Fachblatt „Astrophysical Journal Letters“.
„In dem wir polarisierte Strahlung von dem heißen, glühenden Gas in der Umgebung Schwarzer Löcher beobachten, können die Struktur und die Stärke eines dort vorhandenen Magnetfelds bestimmen“, erläutert Angelo Ricarte vom Harvard Smithsonian Center for Astrophysics in den USA, einer der leitenden Wissenschaftler der EHT-Kollaboration. Licht und Radiostrahlung sind Schwingungen elektrischer und magnetischer Felder. Bei polarisierter Strahlung schwingen diese Felder nicht beliebig, sondern in einer bestimmten festen Richtung.
Die von den Astronomen gemessene Radiostrahlung entsteht durch die Bewegung elektrisch geladener Teilchen. Magnetfelder beeinflussen diese Bewegung – und ein geordnetes Magnetfeld führt deshalb zu polarisierter Strahlung. „So erkennen wir an der Strahlung, dass es ein starkes Magnetfeld nahe dem Schwarzen Loch im Zentrum der Milchstraße gibt“, sagt Sara Issaoun vom EHT-Team, die ebenfalls am Harvard Smithsonian Center for Astrophysics tätig ist. „Und wir sehen auch, dass dieses Magnetfeld jenem bei dem viel größeren Schwarzen Loch in M87 ähnelt.“
Das von den Astronomen Sagittarius A* genannten Schwarze Loch im Herzen der Milchstraße ist 27.000 Lichtjahre von der Erde entfernt und enthält etwa das Viermillionenfache der Sonnenmasse. Im Gegensatz dazu enthält das Schwarze Loch im Zentrum der 55 Millionen Lichtjahre entfernten Galaxie M87 6,6 Milliarden Sonnenmassen. „Starke, geordnete Magnetfelder scheinen also – unabhängig von der Masse – charakteristisch für Schwarze Löcher zu sein“, folgert Mariafelicia De Laurentis von der Universität Neapel in Italien.
Vermutlich regulieren die Magnetfelder den Zustrom von Gas aus der Umgebung auf das Schwarze Loch. Mehr noch: Nicht das gesamte, auf das Schwarze Loch zuströmende Gas fällt auch tatsächlich hinein. Ein Teil des Gases wird durch das Magnetfeld abgelenkt und schießt, zu einem engen Materiestrahl gebündelt, Tausende von Lichtjahren weit ins All hinaus. Solche „Jets“ sehen Astronomen bei vielen supermassereichen Schwarzen Löchern in fernen Galaxien, so auch bei M87.
Bei dem zentralen Schwarzen Loch in unserer Milchstraße konnten die Forscher bislang allerding keine Materiestrahlen aufspüren. Doch die Ähnlichkeit der Magnetfelder bei M87 und Sagittarius A* lasse vermuten, dass es solche Jets auch hier gäbe, so De Laurentis: „Wir müssen sie nur finden.“ Und das könnte schon bald geschehen, denn bereits im April soll das EHT Sagittarius A* erneut beobachten.
Und die Beobachtungen mit dem weltweiten Teleskopverbund werden immer besser: Neue Teleskope kommen hinzu, eine Verbesserung der Technik erlaubt es, einen größeren Bereich an Frequenzen abzudecken und steigert die Empfindlichkeit der Empfänger. „Mit der Beobachtung der polarisierten Strahlung“, so Ricarte, „können wir enorm viel über die Physik Schwarzer Löcher lernen, über die Eigenschaften des Gases in der Umgebung und über die Art und Weise, wie es in das Schwarze Loch hineinströmt.“
Bildquelle: EHT Coll.