Computersimulationen zeigen Ursache des Phänomens am Südpol des Saturnmonds
Am Südpol des Saturnmondes Enceladus schießen Fontänen aus Eiskristallen mehrere Tausend Kilometer weit ins All hinaus. Ein Forschungsteam des California Institute of Technology in den USA ist jetzt mithilfe von Computersimulationen dem physikalischen Mechanismus auf die Spur gekommen, der diese Eisfontänen auslöst. Die Modellrechnungen zeigen insbesondere, warum die Intensität der Fontänen im Einklang mit der Umlaufbahn des Mondes schwankt, wie die Wissenschaftler im Fachblatt „Nature Geoscience“ berichten.
Enceladus ist mit einem Durchmesser von etwa 500 Kilometern der sechstgrößte Mond des Planeten Saturn. Beobachtungen der Raumsonde Cassini hatten 2005 bereits gezeigt, dass die südpolare Region von Enceladus geologisch aktiv ist. Die Aktivität konzentriert sich auf vier „Tigerstreifen“ genannte, 130 Kilometer lange und jeweils zwei Kilometer breite Einschnitte im Eispanzer des Himmelskörpers. Genau aus diesen Einschnitten schießen die Eisfontänen hervor. Die Forscher vermuten daher, dass sich unter der 30 bis 40 Kilometer dicken Eisschicht zumindest am Südpol von Enceladus, möglicherweise aber auch global auf dem ganzen Saturnmond, ein Ozean aus Wasser befindet.
„Die Stärke der Fontänen variiert in einem Rhythmus von 32,9 Stunden – in Übereinstimmung mit der Umlaufperiode des Mondes um Saturn“, erläutern Alexander Berne und seine Kollegen. Das deute bereits darauf hin, dass Gezeitenkräfte eine wichtige Rolle bei der Entstehung der Fontänen spielen. Allerdings stimmt der Höhepunkt der Aktivität nicht mit jenem Zeitpunkt überein, an dem diese Gezeitenkräfte am stärksten sind, sondern er tritt erst einige Stunden später auf. Zudem gibt es einen zweiten, schwächeren Höhepunkt, wenn sich der Mond etwa auf der entgegengesetzten Seite seiner Umlaufbahn befindet.
Berne und seine Kollegen haben mit ihrem Computermodell die Spannungen in der Region der Tigerstreifen simuliert, die durch die auf der elliptischen Umlaufbahn von Enceladus schwankende Anziehungskraft des großen Planeten Saturn ausgelöst werden. Dabei zeigte sich, dass die Verschiebung der beiden Seiten eines Einschnitts durch die Gezeitenkräfte nicht gleichmäßig, sondern durch den Einfluss der Reibung eher ruckartig erfolgt. Es baut sich also zunächst eine Spannung auf, die sich dann ruckartig löst.
Diese „Strike-Slip“ genannte Bewegung führe dazu, dass der Höhepunkt der Eisfontänen verspätet auftritt. Das zweite Maximum in der Aktivität trete dann beim Nachlassen der inneren Spannung in dem Eispanzer auf. „Die in der Simulation auftretende Bewegung mit zwei asymmetrisch liegenden Maxima ist in guter Übereinstimmung mit den von Cassini beobachteten Variationen der Eisfontänen“, stellen die Forscher zufrieden fest.
Allerdings betonen Berne und seine Kollegen, dass ihre Simulationen lediglich die Deformation der Eiskruste betrachten und nicht den Prozess, durch den die Fontänen ausgestoßen werden. Die bei der Bewegung der Eisschichten durch Reibung erzeugte Wärme reiche allerdings mit Sicherheit nicht aus, um die Entstehung der Eisfontänen zu erklären. Die Forscher vermuten daher, dass es durch die Bewegung im Bereich der Tigerstreifen zur Bildung von Öffnungen kommt, durch die Wasser aus dem darunter liegenden Ozean herausschießen und zu Eis kristallisieren kann.
Bildquelle: James Tuttle Keane