Gravitationslinse ermöglicht Messung der Eigendrehung - und damit einen Blick in die Entwicklung supermassiver Schwarze Löcher

Ann Arbor (USA) - Ein sechs Milliarden Lichtjahre entferntes, supermassives Schwarzes Loch rotiert nahe am theoretischen Limit. Das zeigen Beobachtungen US-amerikanischer Forscher. Es ist das erste Mal, dass Astronomen die Eigendrehung eines so weit entfernten Schwarzen Lochs messen konnten. Dabei half den Himmelsforschern eine so genannte Gravitationslinse, eine im Vordergrund liegende Galaxie, die das Licht des weiter entfernten Objekts verstärkt. Die schnelle Rotation zeige, dass supermassive Schwarze Löcher durch einen gleichmäßigen Zustrom von Materie anwachsen, so die Wissenschaftler im Fachblatt „Nature“.

„Die gemeinsame Entwicklung eines supermassiven Schwarzen Lochs und seiner umgebenden Galaxie lässt sich aus seiner Eigendrehung ablesen“, erläutern Rubens Reis von der University of Michigan in Ann Arbor und seine Kollegen. Nach heutigen Erkenntnissen enthalten alle großen Galaxien in ihren Zentren supermassive Schwarze Löcher mit der millionen- oder gar milliardenfachen Masse der Sonne. Wenn diese Schwarzen Löcher von außen Materie aufnehmen, leuchten sie als aktive Galaxienkerne oder Quasare auf.

In den ersten drei bis vier Milliarden Jahren der kosmischen Geschichte sind die Schwarzen Super-Löcher vor allem durch Zusammenstöße von Galaxien angewachsen: Dabei sind auch die zentralen Schwarzen Löcher kollidiert und miteinander verschmolzen. Dieser Prozess sollte zunächst zu einer hohen Rotationsgeschwindigkeit der Schwarzen Löcher geführt haben. Die weitere Entwicklung allerdings ist unklar: Ein eher unregelmäßiger, sporadischer Einfall von Materie würde die Rotation bremsen, ein konstanter Zustrom von Materie über eine um das Schwarze Loch kreisende Akkretionsscheibe dagegen würde die Eigendrehung weiter beschleunigen.

Eine Messung der Rotation kann also Aufschluss über die Entwicklungsgeschichte eines Schwarzen Lochs geben. Die starke Schwerkraft eines Schwarzen Lochs verzerrt Raum und Zeit in seiner Umgebung, und diese Verzerrung hängt von der Eigendrehung ab. Durch die Beobachtung von Röntgenstrahlung, die in der Umgebung des Schwarzen Lochs an Gas reflektiert wird, lässt sich diese Verzerrung messen – bislang aber nur bei relativ nahen Objekten, da diese Strahlung schwach und der Effekt klein ist.

Reis und seine Kollegen machten sich nun einen Zufall zunutze: Genau vor dem 6 Milliarden Lichtjahre entfernten Quasar RXJ1131-1231 liegt eine etwa halb so weit entfernte Galaxie. Sie wirkt als Gravitationslinse: Ihre Schwerkraft verbiegt die Lichtstrahlen des weiter entfernten Himmelsobjekts. Die Gravitationslinse erzeugt nicht nur vier Bilder des Quasars, diese Bilder sind zudem erheblich verstärkt. Und diese Verstärkung erlaubte es Reis und seinem Team, die reflektierte Röntgenstrahlung zu messen und so die Rotation des Schwarzen Lochs zu bestimmen. „Das ultimative Ziel ist nun, die Rotation vieler Quasare mit unterschiedlichen Entfernungen zu messen“, so die Forscher. Das allerdings bleibt weiterhin schwierig, denn nur wenige Quasare liegen zufällig hinter einer Gravitationslinse.

Bildquelle: NASA/CXC/University of Michigan/R.C.Reis et al./STScI