Astronomen entlarven schnelle Gasströmung als Ursache - sie stammt vermutlich aus der Akkretionsscheibe des supermassiven Schwarzen Lochs

Baltimore (USA) - Insgesamt sechs verschiedene Teleskope waren nötig, um das Rätsel zu lösen: Im Juni 2013 stellten Astronomen zu ihrer Verblüffung fest, dass das Gas in der Umgebung des Galaxienzentrums von NGC 5548 plötzlich kühler geworden war. Irgendetwas schien das Gas vor der aufheizenden Strahlung aus dem Galaxienkern abzuschirmen. Mithilfe von Beobachtungen in zahlreichen Spektralbereichen konnten die Forscher die Ursache schließlich entlarven: Ein vom supermassiven Schwarzen Loch im Zentrum der Galaxie ausgehender Gasstrom mit einer Geschwindigkeit von 5000 Kilometern pro Sekunde verdunkelt den Kern des Sternsystems. Die Entdeckung liefere neue Erkenntnisse über die Wechselwirkung supermassiver Schwarzer Löcher mit ihren Galaxien, so die Wissenschaftler im Fachblatt „Science“.

„Wir kennen Gasströmungen in der Umgebung Schwarzer Löcher auch von anderen Galaxien, aber keiner hat sich bislang so dramatisch verändert“, sagt Gerard Kriss vom Space Telescope Science Institute im US-amerikanischen Baltimore. „Es ist das erste Mal, das wir eine Strömung beobachten, die genau in unsere Sichtlinie gerät.“ Die meisten Sternsysteme beherbergen in ihrem Zentrum Schwarze Löcher mit der millionen- oder gar milliardenfachen Masse der Sonne. Einfallendes Gas erhitzt sich und sendet ultraviolette und Röntgenstrahlung aus. Diese Strahlung wiederum kann einen Teil des Gases nach außen blasen und so die Wechselwirkung zwischen Schwarzem Loch und Galaxien regulieren.

Auch NGC 5548 besitzt einen solchen „Wind“, der mit etwa 1000 Kilometern pro Sekunde weht. Eben dieser Wind hatte sich im Zeitraum zwischen 2007 und 2012 abgekühlt. Beobachtungen mit dem Weltraumteleskop Hubble, den Röntgenteleskopen XMM-Newton, Chandra und NuSTAR, sowie den Gammastrahlungs-Observatorien Integral und Swift zeigten schließlich, dass ein zweiter, schnellerer Wind aus der unmittelbaren Umgebung des Schwarzen Lochs die Ursache ist. „Die neue Gasströmung blockiert 90 Prozent der niederenergetischen Röntgenstrahlung“, sagt Jelle Kaastra vom Niederländischen Institut für Weltraumforschung SRON in Utrecht. „Außerdem verdunkelt es ein Drittel der Region, die ultraviolette Strahlung aussendet.“ Diese Abschirmung führe dazu, dass der ständig wehende, langsamere Wind weniger Strahlung empfängt und sich abkühlt.

Die Forscher vermuten, dass die schnelle Strömung direkt von der so genannten Akkretionsscheibe stammt, in der sich das auf das Schwarze Loch einfallende Gas sammelt und aufheizt. Der schnelle Wind sei zwar nicht kräftig genug, um die Entwicklung der Galaxie NGC 5548 signifikant zu beeinflussen. Die Beobachtungen liefere jedoch einen einzigartigen Einblick in einen Prozess, der bei Galaxien mit stärkerer Aktivität entscheidend in die Galaxienevolution eingreift.

Bildquelle: Renaud Person