Neues Verfahren ermöglicht Überprüfung spekulativer „Theorien von Allem“

London (Großbritannien) - Die Stärke der elektromagnetischen Wechselwirkung ist auf der Erde und im fernen Weltall gleich – mögliche Abweichungen sind kleiner als ein Zehnmillionstel. Das konnte ein internationales Forscherteam mithilfe eines neuen Verfahrens zeigen. Die so genannte Feinstrukturkonstante hänge im Rahmen der Messgenauigkeit nicht von der Materiedichte in der Umgebung ab, schreiben die Wissenschaftler im Fachblatt „Nature Communications“. Solche Variationen von Naturkonstanten treten in spekulativen „Theorien von Allem“ auf, mit denen die Physiker alle Naturkräfte unter einem Dach vereinen wollen.

„Für die Feinstrukturkonstante handelt es sich um die bislang stärkste Einschränkung für solche Variationen“, erklären Stefan Truppe vom Imperial College London und seine Kollegen. Die Feinstrukturkonstante ist eine einheitenlose physikalische Größe, die die Stärke der elektromagnetischen Wechselwirkung beschreibt. Im Standardmodell der Physik sind solche Naturkonstanten zwar echte Konstanten, also unabhängig von Ort, Zeit und Umgebung. Doch das Standardmodell besteht aus zwei Säulen, die bislang unvereinbar nebeneinander stehen: Der Relativitätstheorie und der Quantenphysik.

Versuche, diese beiden Säulen – und damit alle Naturkräfte – in einer einheitlichen Theorie zusammenzuführen, enthalten häufig zusätzliche Dimensionen und exotische Elementarteilchen. Und sie sagen mitunter voraus, dass die Naturkonstanten nur lokale Größen sind, also zu andern Orten und Zeiten abweichende Werte einnehmen können. Bislang konnten die Astronomen jedoch keine solchen räumlichen oder zeitlichen Variationen nachweisen.

Truppe und seine Kollegen überprüfen eine andere mögliche Variation, nämlich die Abhängigkeit der Naturkonstanten von der Materiedichte in der lokalen Umgebung. „Strahlungsübergänge in Atomen und Molekülen sind ein natürliches Werkzeug, um nach solchen Änderungen der Feinstrukturkonstanten zu suchen“, so die Wissenschaftler, „bislang war ein derartiger Test jedoch nicht möglich, weil wir die Frequenzen dieser Übergänge im Labor nicht genau genug messen konnten.“ Mit einem neuen Verfahren – einem gepulsten Strom extrem kalter Moleküle – konnten die Forscher das nun ändern. Nun, so Truppe und seine Kollegen, seien die Astronomen gefordert: Genauere Messungen im Weltall könnten die Spekulationen über „Theorien von Allem“ erheblich einschränken.

Bildquelle: Nasa